Sanders im Vatikan, Clinton bei Clooney

U.S. Democratic presidential candidate Sanders speaks during a conference at the Vatican
U.S. Democratic presidential candidate Sanders speaks during a conference at the Vatican(c) REUTERS (POOL)
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Bernie Sanders, der linksliberale Senator, unterstrich seine Ambitionen bei Vatikan-Konferenz. Erbitterter Wahlkampf in New York.

Wien/New York. Eine Audienz bei Papst Franziskus war nicht zugesagt, und doch nahm Bernie Sanders den Transatlantikflug für einen Rom-Trip auf sich, der nicht einmal 24 Stunden dauern sollte. Gerade einmal 15 Minuten waren für seine Rede im Vatikan anlässlich einer Konferenz zum 125-Jahr-Jubiläum einer Enzyklika zu Kapital und Arbeit eingeplant – Themen, die auch dem 74-jährigen Präsidentschaftskandidaten, einem Althippie und „demokratischen Sozialisten“, unter den Nägeln brennen.

Am heutigen Samstag, während Franziskus zu einer fünfstündigen Visite auf die griechische Flüchtlingsinsel Lesbos aufbrach, trat Sanders wieder die Rückkehr in die USA an, um zum Wahlkampf-Endspurt für die Vorwahl am Dienstag in New York anzusetzen. Sanders stand im Geruch, sich selbst zu dem Symposion im Vatikan eingeladen zu haben, um die zahlreichen, italienisch- und irischstämmigen Katholiken im „Empire State“ für sich einzunehmen. Sanders indessen stellte dies in Abrede. Der Papst ließ derweil ausrichten, er könne wegen der Vorbereitungen auf die Lesbos-Visite nicht persönlich an der Konferenz teilnehmen. Am Samstag fand er schließlich doch noch Zeit für fünf Plauderminuten mit Sanders im Gästehaus des Vatikan, wie Jeffrey Sachs, der Ökonom und Sanders-Berater berichtete. Sanders lobte den Papst anschließend in den höchsten Tönen.

Fan von Franziskus

Bernie Sanders, Sohn polnisch-jüdischer Emigranten, deklarierte sich als großer Fan von Franziskus und dessen Engagement für soziale Themen. Der Papst, der sich neulich während eines Mexiko-Besuchs einen verbalen Schlagabtausch mit Donald Trump geliefert hat, will freilich jeden Eindruck vermeiden, sich in den US-Wahlkampf einzumischen. Franziskus wollte angesichts der Flüchtlingskrise auf Lesbos ein humanitäres Zeichen setzen.

Der linksliberale Senator aus Vermont war unmittelbar nach der bereits neunten TV-Debatte mit Hillary Clinton nach Rom abgereist, während sich seine Konkurrentin in die Gegenrichtung aufmachte: nach Los Angeles zu einem Spenden-Dinner in der Villa George Clooneys, das sich Hollywood-Prominenz à la Steven Spielberg 33.400 Dollar kosten ließ. Clooney scherzte: Die gute Nachricht ist: Ich werde nicht selber kochen." Neben einer schönen Spendensumme sollten für Clinton auch ein paar hübsche Fotos mit den Hollywood-Stars abfallen. Schon vor vier Jahren hatte Clooney im Wahlkampf ein Dinner für Barack Obama ausgerichtet.

Nachdem Sanders zuletzt in sieben – freilich eher unbedeutenden – Bundesstaaten Siege errungen hat, wird der Wahlkampf bei den Demokraten zunehmend giftiger. In der TV-Diskussion in Brooklyn entluden sich am Donnerstagabend die Spannungen in einem Schreiduell. In New York steht für beide Kandidaten viel auf dem Spiel. Für die haushohe, zuletzt jedoch in Bedrängnis geratene Favoritin Clinton geht es vor allem darum, die Siegesserie ihres Rivalen zu stoppen und eine Vorentscheidung im Vorwahlmarathon herbeizuführen.

In der U-Bahn, beim Hotdog-Stand

In den Wahlkämpfen der jüngeren Geschichte hat New York selten eine entscheidende Rolle gespielt. Der Bundesstaat hat 247 Delegierte für den demokratischen Parteikonvent Ende Juli in Philadelphia zu vergeben, und es ist ein erbitterter Kampf um sie entbrannt, bei dem die Kandidaten keinen Gag scheuen, um sich leutselig zu geben: Clinton fährt U-Bahn, Sanders beißt in einen Hotdog.

Der Showdown zwischen Clinton und Sanders spielt sich vor vertrauter Kulisse ab: Sanders ist im Stadtteil Brooklyn aufgewachsen, dessen unverkennbaren Akzent er noch heute spricht; Clinton hat in einem Backsteinbau im schicken Brooklyn Heights vis-à-vis der Skyline von Downtown Manhattan ihre Wahlkampfzentrale aufgeschlagen und führt als Referenz an, den Bundesstaat acht Jahre als Senatorin in Washington vertreten zu haben. 27.000 „Sandernistas“, Sanders-Anhänger, versammelte der Außenseiter kürzlich im Washington Square Park rund um die New York University - wie Barack Obama 2008. „Feel the Bern“, so lautet ihre Devise.

Erstmals in diesem Wahlkampfjahr überstrahlen die Demokraten die Republikaner. Für Donald Trump, den Milliardär aus Manhattan, ist die Vorwahl ein Heimspiel. Zuletzt hat er sich allerdings ein wenig zurückgezogen. Im Gegensatz dazu verspürte sein schärfster Konkurrent Auftrieb bei den letzten Vorwahlen. Als Ted Cruz indes kürzlich in der Bronx tourte, verjagten ihn die Latinos aus ihrem Viertel. Eine Schule protestierte gegen seinen Besuch. Monate zuvor hatte der Texaner nämlich über die liberalen „New Yorker Werte“ gelästert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2016)

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