Griechenland: Demos vor Votum über Sparpaket

Demo am Samstag in Athen
Demo am Samstag in AthenAPA/AFP/ANGELOS TZORTZINIS
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Während sich das Parlament mit den von internationalen Gläubigern verlangten Sparmaßnahmen befasst, gehen in Athen Tausende auf die Straße.

Vor dem Hintergrund von Streiks und Massenprotesten hat sich das griechische Parlament am Wochenende mit der von den internationalen Gläubigern verlangten Sparmaßnahmen befasst. Die Abgeordneten sollten am späten Sonntagabend unter anderem über eine Erhöhung der Pensionsbeiträge und der Einkommensteuer abstimmen. Rund 15.000 Menschen gingen in Athen und Thessaloniki dagegen auf die Straße.

"Nieder mit den Sparmaßnahmen-Fallbeil für unsere Pensionen", hieß es auf Transparenten, wie das griechische Fernsehen zeigte. Nach Polizeiangaben demonstrierten in der Hauptstadt bis zum Sonntagnachmittag rund 7.000 Anhänger der Gewerkschaftsfront PAME, die der Kommunistischen Partei nahe steht; in Thessaloniki gingen demnach etwa 6.000 Menschen auf die Straße. Jeweils 1.000 Menschen folgten in beiden Städten einem Demonstrationsaufruf der Gewerkschaft des Privatsektors GSEE.

Für Sonntagabend war eine Demonstration der Gewerkschaft des öffentlichen Sektors vor dem Parlament in Athen geplant. Viele Polizisten waren im Einsatz, weite Teile des Stadtzentrums waren für den Verkehr gesperrt. Die Gewerkschaften protestierten seit Freitag zudem mit einem landesweiten Streik. Der zunächst für 48 Stunden ausgerufene Ausstand wurde am Sonntag fortgesetzt. Vor allem der öffentliche Nahverkehr war betroffen.

Das Parlament debattierte das ganze Wochenende über die Reform und sollte am späten Sonntagabend darüber abstimmen. Die Reform ist Teil der Sparmaßnahmen, die der internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union im Gegenzug für Finanzhilfen für das hoch verschuldete Griechenland verlangen. Am Montag entscheiden die Finanzminister der Eurozone darüber, ob sie grünes Licht für weitere Hilfszahlungen an Griechenland geben. Außerdem soll über mögliche Schuldenerleichterungen beraten werden.

Dabei geht es um die Auszahlung weiterer Summen aus einem Kreditpaket in Höhe von 86 Milliarden Euro, auf das sich Griechenland im Juli 2015 mit den Euro-Staaten geeinigt hatte. Voraussetzung sind Fortschritte Griechenlands bei den Spar- und Reformauflagen. Der IWF hat noch nicht über seine Beteiligung an diesem Kredit entschieden.

Juncker: Ziele "so gut wie erreicht"

Finanzminister Euklid Tsakalotos forderte seine Kollegen von der Eurogruppe am Samstag auf, den Reformkurs seines Landes zu unterstützen. Athen benötige eine Erklärung der Finanzminister der Eurogruppe, um das "Vertrauen der Investoren" zurückzugewinnen. Im Parlament sicherte der Minister am Samstagabend zu, die Vereinbarungen mit den europäischen Partnern einzuhalten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, Griechenland sei bei der Überwindung der Schuldenkrise auf einem guten Weg. Das Land habe seine Ziele "so gut wie erreicht", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Sonntag.

Im griechischen Parlament zeichnete sich nur eine knappe Mehrheit für die Reform ab - lediglich die Koalition aus linker Syriza und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (ANEL), die gemeinsam über 153 der 300 Abgeordneten verfügt, wollte dafür stimmen. Die von der konservativen Nea Dimokratia (ND) dominierte Opposition wollte mit Nein stimmen.

Vor den Abgeordneten seiner Partei versicherte Tsipras am Freitag, dass die Ärmsten nicht unter den Reformen leiden würden. Er verteidigte die Pensionsreform als notwendige Maßnahme, um "einen Zusammenbruch des Systems in einigen Jahren" zu verhindern. In der Parlamentsdebatte sicherte am Samstagabend auch Finanzminister Tsakalotos zu, die Bezieher niedriger Einkommen zu schützen.

Arbeitsminister Giorgos Katrougalos sagte, die Pensionsreform sei notwendig, "um das Überleben des Sozialversicherungssystems zu garantieren" und dem hohen Defizit in der Pensionskasse entgegenzutreten.

Die Reform umfasst eine Kürzung der höchsten Pensionsbezüge, die Zusammenlegung der zahlreichen Versicherungen, die Anhebung der Pensionsbeiträge und die Erhöhung der Steuern auf mittlere und hohe Einkommen. Das Paket hat ein Volumen von insgesamt 5,4 Milliarden Euro.

(APA/AFP)

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