Ein CDU-Abgeordneter las im deutschen Parlament den Text vor. Seine Kollegen reagierten empört.
Es war als Entgegnung auf Grüne und Linke gedacht: In einer Debatte im deutschen Parlament hat der Jurist und CDU-Abgeordnete Detlef Seif am Donnerstag jenes umstrittene Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, vorgelesen, das der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann am 31. März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ rezitiert hatte. Viele Kollegen reagierten verärgert. Seif wollte der Opposition mit seiner Lektüre die drastische Wortwahl des Textes vor Ohren führen. Grüne und Linke hatten davor Anträge vorgelegt, um den sogenannten Majestätsbeleidigungsparagrafen, auf den Erdoğan sich beruft, sofort abzuschaffen, statt 2018, wie von Kanzlerin Merkel angestrebt. Die türkische Regierung hatte im April ein Strafverfahren nach § 103 gegen Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes gefordert.
Erdoğan gegen Springer-Chef
Auch im Rechtsstreit zwischen Erdoğan und dem Chef des Axel-Springer-Verlags, Mathias Döpfner, gibt es Neues. Döpfner hatte in einem „PS“ zu einem Artikel in der Zeitung „Die Welt“ geschrieben, er schließe sich allen „Formulierungen und Schmähungen“ Böhmermanns inhaltlich voll an und mache sie sich „in jeder juristischen Form zu eigen“. Erdoğans Anwalt hatte daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen Döpfner beantragt, um ihn zur Unterlassung solcher Äußerungen zu verpflichten, was das Kölner Landgericht nun zurückwies. Erdoğans Anwalt will nun sofortige Beschwerde einlegen. Döpfner sagte zuletzt, er freue sich über das Kölner Urteil und „beobachte das weiter mit staatsbürgerlicher Neugier“. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2016)