Mit Trump zur Nordkorea-Lösung?

NKOREA-POLITICS-CONGRESS-PARTY-PARADE
NKOREA-POLITICS-CONGRESS-PARTY-PARADEAPA/AFP/ED JONES
  • Drucken

Donald Trump würde für einen Atom-Stopp mit Kim Jong-un reden. Auch ein US-Experte meint: Nordkorea wolle bilaterale Gespräche mit den USA. Sanktionen allein seien wirkungslos.

Seoul/Washington. Mit dieser Aussage ließ Donald Trump wieder einmal aufhorchen: „Ich habe absolut kein Problem, mit Kim Jong-un zu reden“, sagte der Präsidentschaftsanwärter in einem Interview. Er könne sich vorstellen, Nordkorea zu einem Stopp seines Atomprogramms zu bewegen. Konkrete Lösungen für den jahrzehntelangen Konflikt hat er nicht. Der Republikaner will mit der „enormen wirtschaftlichen Macht“ der USA Druck auf Peking ausüben: „China kann das Problem mit einem Treffen oder Telefonat lösen.“

Doch wie ernst zu nehmen sind Trumps Vorschläge für ein Ende des Atomstreits? Sie bedeuten nicht nur einen Bruch mit der bisherigen US-Politik. Der vierte Atomtest Nordkoreas im Jänner und ein Raketentest im Februar ließen auch Südkoreas Präsidentin, Park Geun-hye, umdenken: Mit verblüffender Härte schloss Seoul im Februar den gemeinsamen Industriekomplex Kaesong. Zudem unterstützt Park die bisher schärfsten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen das Regime: Kerosin darf nicht mehr importiert, Kohle, Mineralien, seltene Erden dürfen nicht exportiert werden.

Sanktionen allein wirkungslos

Die Weltgemeinschaft lasse sich nicht länger von Pjöngjangs Drohungen herumkommandieren, verdeutlichte Südkoreas stellvertretender Außenminister die härtere Gangart jüngst vor Journalisten. Gespräche könnten den Norden nicht auf die „richtige Seite der Geschichte“ bringen. Kritiker aber bezeichnen bloße Sanktionen wirkungslos. Davon zeugt nicht nur das Gerücht über einen fünften Atomtest, sondern auch ein Blick zurück: Auf UN-Resolutionen 1993, 2004, 2006, 2011 und 2013 reagierte Pjöngjang stets unbeeindruckt mit militärischen Anfeindungen.

Strafen könnten nur eine von vielen Mitteln sein, um Nordkorea zu einem nuklearen Umdenken zu bewegen, sagt Joel Wit, Ex-Berater der US-Regierung und Gründer des Thinktanks 38 North der „Presse“. „Viel mehr als weitere Repressalien brauchen wir eine Strategie: Ziele und Mittel, diese Ziele zu erreichen.“ Auch fehle es an kluger Diplomatie, um Pjöngjang von Verhandlungen zu überzeugen. Mit ein Grund, dass das Regime sein Atom- und Raketenprogramm seit dem ersten Nukleartest 2006 weiter ausbauen konnte, meint der US-Experte: „Die Sanktionen haben nicht gewirkt, weil Nordkorea den Strafen wirtschaftlich bis jetzt gut standgehalten hat. Daher glaubt es, machen zu können, was es will.“

Hinzu komme: Wegen seiner relativ guten Position interessierten den Norden Gespräche derzeit wenig. Die Verhandler müssten Pjöngjang beweisen, dass sie es mit Diplomatie ernst meinten, sagt Wit. Ein Schlüsselthema sei ein Ende der jährlichen US-Militärmanöver mit Südkorea. Kim sieht die Übungen im Japanischen Meer als Provokation. Auch ein formales Ende des 63-jährigen Kriegszustands – die beiden Koreas befinden sich technisch noch im Krieg – müsse ernsthaft überlegt werden. Im Gegenzug müsse Nordkorea der Hauptforderung des Westens, einer Denuklearisierung, nachkommen.

USA sind Schlüssel zur Lösung

Nordkoreas bisherige Schutzmacht China pocht seit Langem darauf, Sanktionen nur als Mittel zu sehen, Pjöngjang wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Die Repressalien sollten dem „Nuklearprogramm ein Ende setzen und nicht das Leben der Nordkoreaner verschlechtern“, schrieb die regierungsnahe „Global Times“. Bisher treffen die Strafen hauptsächlich einfache Bürger, während die Elite mit ihrem ausschweifenden Lebensstil weiter Atombomben bastelt. Umso erstaunlicher war Pekings Zustimmung zur jüngsten UN-Resolution: China hat seinen Nachbarn aus politischem Kalkül bis vor Kurzem wirtschaftlich unterstützt. Um den Kern der nordkoreanischen Wirtschaft zu treffen, müsse Peking daher überzeugt werden, die Strafen so lang wie möglich mitzutragen, sagt Nam Kyung-pil, Gouverneur der südkoreanischen Grenzprovinz Gyeonggi.

Trumps Taktik, China unter Druck zu setzen, dürfte auf taube Ohren stoßen: Peking sieht sich zu Unrecht in der Rolle des Moralapostels. Nicht die chinesische Regierung sei verantwortlich, Pjöngjang zum Einlenken zu bewegen, schreibt die „Global Times“. Seoul und vor allem Washington müssten auf das isolierte Regime zugehen. „China übt derzeit so viel Druck aus, wie es kann“, meint auch Wit. In anderer Hinsicht aber hat Trump wohl recht: Die USA seien der wahre Schlüssel zur Lösung des Problems, sagt Wit. Kim wünsche sich bilaterale Gespräche mit Washington, die Obama-Administration habe den Konflikt jedoch nicht ernst genug genommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.