Nervöse Konservative suchen Trump-Alternative

Dr Condoleezza Rice 66th United States Secretary of State 2005 2009 in Kyiv on March 9 2016 P
Dr Condoleezza Rice 66th United States Secretary of State 2005 2009 in Kyiv on March 9 2016 P(c) imago/Ukrainian News (imago stock&people)
  • Drucken

Condoleezza Rice beflügelt in der Suche nach Präsidentschaftskandidaten seit 2008 die Fantasie republikanischer Aktivisten. Doch auch heuer wird die frühere Außenministerin auf eine Donquichotterie verzichten.

Washington. Als Hillary Clinton im April 2015 ihre lang erwartete Kandidatur um die US-Präsidentschaft verlautbarte, erhielt der Hashtag #DraftCondi auf Twitter eine neue Bedeutung. Bereits seit 2014 hatten Befürworter einer Reform der National Football League (NFL) unter diesem Schlagwort dafür plädiert, die Ex-Außenministerin CondoleezaRice zur Nachfolgerin des NFL-Präsidenten, Roger Goodell, zu bestellen. 2014 war ein Krisenjahr für den populärsten Sport der Amerikaner. Mehrere Spieler hatten ihre Partnerinnen verprügelt, doch Goodell hatte das nonchalant unter den Teppich zu kehren versucht.

Die 61-Jährige, unter George W. Bush auch Sicherheitsberaterin, ist glühende Football-Anhängerin, schon 2009 hat man ihr den Posten als Präsidentin einer College-Sportliga an der Westküste angeboten (seit 2013 sitzt sie im 13-köpfigen Auswahlausschuss der College-Football-Liga). Rice ging zurück auf ihren Lehrstuhl an der Stanford University. Mit ihrem Nachfolger als Sicherheitsberater unter Präsident George W. Bush, Stephen Hadley, und dem Ex-Verteidigungsminister Robert Gates betreibt sie in Washington eine Beratungsfirma.

Bill Kristols Orakel-Debakel

Die Kampagne für Rice' Bestellung zur Herrin über Amerikas Nationalsport war fürs Erste erfolglos. Goodell ist zwar umstritten, doch es wäre sehr teuer, seinen bis Ende März 2019 laufenden, inklusive Boni und Pensionsansprüchen laut Sportnachrichtenplattfrom ESPN zuletzt jährlich mit 34,1 Millionen Dollar (31 Millionen Euro) dotierten Vertrag vorzeitig auszuzahlen.

Genauso lief die Hoffnung konservativer Aktivisten ins Leere, Rice für die Präsidentenwahl zu gewinnen. Sie steht weder als klassisch republikanische Alternative zu Clinton noch zu Donald Trump zur Verfügung, genauso wenig, wie sie 2008 gegen Barack Obama angetreten ist.

Dennoch sprossen am Wochenende erneut Fantasien um Rice, als Bill Kristol, der Herausgeber des konservativen Magazins „Weekly Standard“, via Twitter raunte, er werde einen eindrucksvollen Kandidaten mit starkem Team und realen Chancen vorschlagen. Kristol, einer der neokonservativen Wortführer rund um Dick Cheney und Paul Wolfowitz, die die Irak-Invasion des Jahres 2003 propagiert haben, ist in den USA wegen seiner fast durchwegs falschen Prognosen seit Jahren Zielscheibe des Spotts von links und rechts. So prognostizierte er 2006, Obama werde keine einzige Vorwahl gegen Clinton gewinnen, verkündete den sicheren Sieg von Marco Rubio bei der heurigen republikanischen Vorwahl in New Hampshire (er wurde Fünfter), erklärte 1993, die Homosexuellenbewegung sei gescheitert, und sagte 2008, Amerika sei bereit für eine Vizepräsidentin Sarah Palin.

Kristols Zauberkandidat dürfte übrigens der weitgehend unbekannte Irak-Kriegsveteran, Jurist und „National Review“-Autor David French werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kim und Trump kokettieren.
Außenpolitik

Nordkorea empfiehlt Donald Trump als nächsten US-Präsidenten

Der Republikaner sei nicht rüde und verrückt, wie oft behauptet. Er sei ein weiser Politiker und ein vorausschauender Präsidentschaftskandidat.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.