Libysche Truppen dringen in IS-Hochburg Sirte ein

Radpanzer des brasilianischen Typs "Cascavel" der regierungstreuen Truppen
Radpanzer des brasilianischen Typs "Cascavel" der regierungstreuen TruppenREUTERS
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Erfolgreiche und schnelle Gegenoffensive regierungstreuer Truppen und Milizen gegen die Dschihadisten. Munkeln um westliche Beteiligung.

Libysche Regierungstruppen sind in das Machtzentrum der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in dem Bürgerkriegsland vorgerückt. Truppen der Einheitsregierung kämpften sich nach Angaben der Führung in Tripolis in Teile der IS-Hochburg Sirte vor. Verbündete Milizen seien in eine Reihe von Vierteln im Westen der Stadt eingedrungen, knapp fünf Kilometer vom Zentrum entfernt, sagte ein Militärsprecher am Mittwochabend. Demnach eroberten die Kräfte auch eine Brücke, an der die Terrormiliz regelmäßig ihre exekutierten Opfer präsentierte.

Krankenhäuser der Region meldeten sechs tote und 30 verwundete Milizionäre. Am Montag hatte die Regierung bereits verkündet, ihre und verbündete Einheiten stünden nur wenige Kilometer vor der Küstenstadt Sirte. Dem war in den vergangenen Wochen ein jäher Vorstoß von IS-Einheiten der Küste von Sirte Richtung Westen entlang auf die Metropole Misrata vorangegangen; er war allerdings rund 100 Kilometer vor Misrata vor allem von lokalen Streitkräften dieser Stadt abgefangen und zurückgedrängt worden.

Überraschend schnelle Gegenoffensive

Seither ging die Gegenoffensive auf Sirte überraschend schnell voran. Die Eroberung Sirtes - nach den letzten verlässlichen Zahlen von 2013 gab es dort etwa 80.000 Einwohner - wäre ein großer Sieg der neuen Regierung und ein schwerer Schlag für den IS.

Geländewagen regierungstreuer Truppen mit Flak und MGs
Geländewagen regierungstreuer Truppen mit Flak und MGsREUTERS
Italienische Panzerhaubitze "Palmaria", Kaliber 155mm, der Regierungstruppen vor Sirte
Italienische Panzerhaubitze "Palmaria", Kaliber 155mm, der Regierungstruppen vor SirteREUTERS

Sirte, die Heimat des 2011 getöteten libyschen Herrschers Muammar al-Gaddafi, ist das Machtzentrum des libyschen Ablegers des IS, der als mächtigster Außenposten der Jihadisten gilt und als Sammelbecken für Kader aus dem IS-Kerngebiet in Syrien und dem Irak gesehen wird. Diplomaten gingen zuletzt davon aus, dass sich in Sirte und Umgebung Tausende Jihadisten aufhalten. Auch in Syrien und dem Irak steht der IS wegen Offensiven ihrer Gegner seit Monaten immer mehr unter Druck.

Die von den UN vermittelte Einheitsregierung soll zwei rivalisierende Führungen im Land ersetzen. Sie nahm ihre Arbeit in Tripolis im März ohne Zustimmung der Regierung im ostlibyschen Tobruk auf, wurde international aber faktisch anerkannt. In den vergangenen Wochen konnten einflussreiche Milizen, die sich der neuen Regierung anschlossen, die Jihadisten auch in anderen Gebieten in Libyen zurückdrängen. Auch Kräfte, die die Regierung in Tobruk unterstützen, rücken vom Süden auf Sirte vor.

Fremde Truppen im Land

Seit längerer Zeit befinden sich, wie man hinter den Kulissen munkelt, auch westliche und arabische Militärangehörige im Land, etwa Briten, Franzosen, Italiener, Ägypter und US-Amerikaner. Wie sie in den Kampf eingebunden sind, ist offiziell unklar, Insider sprechen aber von Funktionen als Verbindungsoffiziere, Militärberater, Aufklärer, Informationsexperten, Logistiker und Mechaniker. Westliche Militärmächte planen seit Monaten einen Einsatz in Libyen, um die Ausbreitung des IS zu stoppen. Dies lehnt Ministerpräsident Fayez Sarraj, der der Einheitsregierung vorsteht, allerdings ab, auch scheint es dem Westen noch an der nötigen Entschlossenheit und einem klaren Plan zu mangeln.

Eine mögliche Landung französischer und italienischer Marineinfanterie, um einen dauerhaften Brückenkopf zu sichern, ist jedenfalls seit Monaten weiter nur ein Gerücht.

(apa/wg)

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