Sri Lanka: Tamilen wählen Unterstützer der „Befreiungstiger“

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Die Sieger der Kommunalwahl im tamilischen Vavuniya stehen den Rebellen nahe. Das klare Wahlergebnis hat die Beobachter überrascht. Es ist als Protest gegen den Präsidenten zu verstehen.

DELHI. Bei den ersten Wahlen im überwiegend tamilischen Norden Sri Lankas haben zwei Parteien gewonnen: die regierende „Vereinigte Volksfriedensallianz“ (UPFA) von Präsident Rajapakse und die „Tamilische Nationalallianz“ (TNA), ein Parteienbündnis aus Unterstützergruppen der Rebellen der „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE).

Die Kommunalwahlen wurden in den Bezirken Jaffna und Vavuniya abgehalten. In Jaffna, das Regierungstruppen vor zehn Jahren von der LTTE zurückerobert hatten, gingen Berichten zufolge nur knapp 20 Prozent der Wähler an die Wahlurnen. Dort gewann die UPFA. In Vavuniya lag die Wahlbeteiligung weitaus höher: 50 Prozent der Wahlberechtigten gaben dort ihre Stimme ab. Sie wählten mit großer Mehrheit die TNA.

Klares Votum

Das Ergebnis hat Beobachter überrascht. Denn sowohl auf der Jaffna-Halbinsel als auch im Distrikt Vavuniya wachen zigtausende Soldaten über jeden Schritt der tamilischen Einwohner. Daher rechnete niemand damit, dass sich diese so eindeutig für die LTTE-Unterstützer aussprechen würden.

Die Abstimmung ist als Protest gegen den Präsidenten Rajapakse zu verstehen. Denn Sri Lankas Armee hat glaubwürdigen Berichten zufolge in der Endphase des Krieges ihre Offensive vorangepeitscht, obwohl die Rebellen tausende Zivilisten auf ihrem zuletzt nur noch wenige Quadratkilometer großen Gebiet festgehalten haben. Drei Ärzte der staatlichen Gesundheitsbehörde berichteten regelmäßig aus dem Kampfgebiet über schweren Artilleriebeschuss und tausende getöteter Zivilisten.

Die Mediziner wurden nach dem Fall der letzten LTTE-Bastion festgenommen und vor wenigen Wochen internationalen Journalisten vorgeführt. Sie erklärten, die LTTE habe sie zu diesen „Falschaussagen“ gezwungen. Doch sowohl die Vereinten Nationen als auch das Rote Kreuz gehen davon aus, dass die Berichte der Ärzte zutreffen.

Protest gegen Internierung

Die Abstimmung dürfte auch als Protest gegen die Internierung von einer Viertelmillion tamilischer Zivilisten in und um Vavuniya zu verstehen sein. Die Armee hält die gesamte Bevölkerung des ehemaligen Rebellengebiets in Internierungslagern gefangen, zu denen Hilfsorganisationen nur sehr begrenzten Zugang haben, und die unabhängige Journalisten nur im Rahmen geführter Propagandatouren besuchen dürfen.

Die Wahl selbst geriet in den vergangenen Tagen immer wieder in die Kritik. Denn wie zu Kriegszeiten hat die Regierung Journalisten daran gehindert, in den Norden des Landes zu reisen und sich ein unabhängiges Bild von der Lage zu machen. Zu den meisten Wahllokalen sowie zu sämtlichen Auszählungsbüros hatten auch einheimische Journalisten keinen Zutritt. Wahlbeobachter kritisierten, dass sie ihrer Arbeit nur erschwert nachgehen konnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2009)

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