Der entlassene Attentäter von Lockerbie, Abdel al-Megrahi, ist von Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi empfangen worden. Sein Sohn sagte, dass al-Megrahi auch bei Verhandlungen über Öl- und Gaslieferungen "ein Thema" war.
Der schwer krebskranke Lockerbie-Attentäter Abdel Bassit Ali Mohammed al-Megrahi ist einen Tag nach seiner Freilassung aus schottischer Haft von Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi empfangen worden.Schon zuvor war er am Flughafen wie ein Held gefeiert worden.
Wie die libysche Nachrichtenagentur Jana am Samstag berichtete, dankte Gaddafi bei dem Treffen der schottischen Regierung für ihren Mut. Megrahi selbst beteuerte erneut seine Unschuld und kündigte Beweise für ein "Fehlurteil" an.
Gaddafi lobt schottische Behörden
Bei dem Treffen mit dem 57-jährigen Megrahi und seiner Familie am Freitagabend lobte Gaddafi laut Jana vor allem den "Mut" der schottischen Behörden. Sie hätten angesichts des "nicht akzeptablen und nicht angemessenen" Drucks ihre Unabhängigkeit bewiesen. Die US-Regierung und Angehörige der 270 Opfer des Attentats auf ein US-Linienflugzeug über dem schottischen Lockerbie 1988 hatten sich vehement gegen eine Freilassung des Attentäters ausgesprochen.
Revolutionsführer dankt der Queen
Der libysche Staatschef bedankte sich dem Bericht zufolge auch beim britischen Premierminister Gordon Brown, bei Queen Elizabeth II. und ihrem zweitältesten Sohn Prinz Andrew. Alle drei hätten die schottische Regierung ermutigt, die "historische und mutige Entscheidung" zu treffen, Megrahi freizulassen. Dieser Schritt werde "positive Auswirkungen" auf die Beziehungen zwischen beiden Ländern und alle Bereiche der Zusammenarbeit haben, sagte Gaddafi.
Neue Beweise sollen folgen
Megrahi selbst sagte am Freitagabend in einer kurzen Erklärung im libyschen Fernsehen, er habe "niemals gehofft", eines Tages nach Libyen zurückzukehren. Er habe lange auf diesen Moment gewartet. In einem Interview mit der britischen Zeitung "The Times" beteuerte er am Samstag erneut seine Unschuld. "Wenn es im Vereinigten Königreich Gerechtigkeit gibt, würde ich freigesprochen oder das Urteil würde aufgehoben", sagte Megrahi, der von einem "Fehlurteil" sprach.
Noch vor seinem Tod wolle er über seine schottischen Anwälte neue, entlastende Beweise präsentieren, kündigte der frühere Geheimdienstagent an. Auf die Frage, wer für den Anschlag in Lockerbie verantwortlich sei, sagte Megrahi: "Das ist eine sehr gute Frage, aber ich bin nicht der richtige Adressat." Er beteuerte erneut, dass Libyen nicht hinter dem Attentat mit 270 Toten stecke.
Al-Megrahi bei Ölverhandlungen "ein Thema"
Gaddafis Sohn Saif al-Islam hatte zuvor in einem Fernseh-Interview gesagt, dass die Freilassung Megrahis bei wirtschaftlichen Verhandlungen mit Großbritannien eine Rolle gespielt habe. Bei Verhandlungen über Öl- und Gaslieferungen sei auch der Fall des Lockerbie-Attentäters auf den Verhandlungstisch gekommen, sagte Islam, der ein wichtiger Unterhändler in den Gesprächen mit der schottischen Regierung war und Megrahi bei seiner Rückkehr begleitete.
Großbritannien wies die Behauptungen entschieden zurück. "Es gibt kein Abkommen", sagte ein Außenamtssprecher der Nachrichtenagentur AFP. Die Entscheidung über die Freilassung Megrahis sei allein von der schottischen Regierung und den dortigen Justizbehörden getroffen worden. Die geschäftlichen Interessen Großbritanniens in Libyen hätten dabei keine Rolle gespielt.
(Ag. )