Japan: Machtwechsel aus dem Supermarkt

(c) Reuters (Kim Kyung-Hoon)
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Für eine höhere Beteiligung wurden vor der Wahl in Einkaufszentren und Bahnhöfen Urnen aufgestellt.

Tokio (Reuters, AFP). Normalerweise wählt man im Supermarkt nur zwischen verschiedenen Produkten. In Japan kann man dort aber auch zwischen verschiedenen Parteien wählen: Vor der Parlamentswahl am Sonntag wurden in zahlreichen Supermärkten und in Bahnhöfen Wahllokale eingerichtet. Dort kann der gestresste Bürger, der sonst vielleicht keine Zeit für den Gang ins Wahllokal gehabt hätte, im Vorbeigehen seine Stimme abgeben, auch schon in den Tagen vor dem eigentlichen Wahldatum. So wollen die Behörden die Beteiligung erhöhen.

Was sich in den Umfragen seit Wochen abzeichnet: Japan steht vor einer politischen Revolution. Denn alles deutet darauf hin, dass die Vorherrschaft der Liberaldemokraten, die Japan seit 1945 fast ständig regierten, gebrochen wird und die oppositionellen Demokraten das Ruder übernehmen. Sie dürften nicht nur die kurze Amtszeit von LDP-Premier Taro Aso beenden (er regiert seit September 2008), sie könnten in dem 480 Abgeordnete zählenden Unterhaus sogar eine Zweidrittelmehrheit erreichen.

Deflation und Arbeitslosigkeit

Ein klarer Sieg der größten Oppositionspartei würde die Handlungsfähigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt verbessern: Die Demokraten kontrollieren nämlich schon seit der letzten Oberhauswahl die zweite Parlamentskammer. Die ist zwar nicht so wichtig, kann aber Gesetze blockieren, was in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise besonders nachteilig ist.

Japan hat krisenbedingt mit einer Arbeitslosigkeit von 5,7 Prozent zu kämpfen, was für das „Land der aufgehenden Sonne“ ein absoluter Rekord ist. Zudem macht Japan derzeit eine Deflation zu schaffen. Mittel- und langfristig ist die größte Herausforderung die rapide schrumpfende und alternde Bevölkerung.

Außenpolitisch hat die Demokratische Partei unter ihrem Chef Yukio Hatoyama versprochen, etwas unabhängiger vom wichtigsten Verbündeten USA zu agieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2009)

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