Uni Wien sorgt sich um Mitarbeiter in der Türkei

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Angesichts der "Säuberungsaktion" versuchen die Fakultäten der Uni Wien herauszufinden, ob sich heimische Wissenschafter in der Türkei befinden.

Der Rachefeldzug des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegen Andersdenkende hat Mitte der Woche die türkischen Universitäten erreicht. Für Wissenschafter wurde eine Ausreisesperre verhängt. Uni-Mitarbeiter, die sich bereits zu Dienst- oder Forschungsaufenthalten im Ausland aufhielten, sollen überprüft werden und wurden aufgefordert, "so schnell wie möglich" in die Heimat zurückzukehren. Diese Vorgänge beschäftigen nun auch die Universität Wien. Wie der "Presse" bestätigt wurde, versucht die Uni Wien abzuklären, welche ihrer Wissenschafter sich zur Zeit in der Türkei aufhalten.

Konkret haben die einzelnen Fakultäten E-Mails an ihre Mitarbeiter geschickt und sie um Informationen über einen etwaigen Aufenthalt in der Türkei gebeten. "Wir möchten abklären, welche unserer Wissenschafter sich gerade in der Türkei aufhalten, wo sie sind und ob sie Hilfe brauchen", heißt es von Seiten der größten Hochschule des Landes. Die Uni Wien sei diesbezüglich auch bereits mit dem Außenministerium in Kontakt.

Der türkische Hochschulrat rief alle Hochschulrektoren auf, ihre Mitarbeiter im Lehrbetrieb und in der Verwaltung auf etwaige Verbindungen zur Gülen-Bewegung zu überprüfen (dieser wirft die türkische Regierung vor, hinter dem Putschversuch von voriger Woche zu stehen). Das gelte auch für ausländisches Lehrpersonal. Ihre Berichte würden bis zum 5. August erwartet.

22 türkische Wissenschafter an Uni Wien

Noch ist auch nicht klar, was die Androhungen der türkischen Regierung für die an österreichischen Universitäten tätigen Wissenschafter mit türkischer Staatsbürgerschaft bedeuten. 22 türkische Wissenschafter lehren laut Uni Wien gerade an ihrer Hochschule. Inwieweit diese zur Rückkehr in die Türkei aufgefordert wurden, wisse man (noch) nicht.

Österreichweit gibt es derzeit laut Daten des Wissenschaftsministeriums 81 Forscherinnen und Forscher mit türkischer Staatsbürgerschaft. Der Großteil davon sind über Drittmittel angestellte Projektmitarbeiter und Uni-Assistenten. Allerdings umfasst diese Zahl auch all jene, die in Österreich geboren und aufgewachsen sind, aber die türkische Staatsbürgerschaft haben. Dasselbe gilt für Studenten: 3551 waren es im Wintersemester an den Unis, an der Universität Wien stellen Türken die drittgrößte Gruppe Studierender mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft.

Uni Wien "besonders betroffen"

Auch politisch äußerte sich die Uni Wien zu den Vorgängen in der Türkei. Die Universität Wien lehnt Maßnahmen wie Ausreisesperren für Wissenschafter "schärfstens ab", das erinnere "an die frühere DDR". Die Türkei benötige den offenen Austausch in Wissenschaft und Forschung "genauso wie wir und schadet mit diesen Maßnahmen auch ihren eigenen Interessen", so der Rektor der Uni Wien, Heinz Engl in einer Aussendung.

Für die Uni Wien seien türkische Universitäten seit Langem wichtige Partner in Forschung und Lehre, verweist Engl auf Studentenaustausch und Forschungskooperationen. "Gerade aus der besonderen Verbundenheit mit der Türkei ist die Universität Wien besonders betroffen von den jüngsten Entwicklungen und appelliert an die türkische Regierung, diese Maßnahmen zurückzunehmen und die internationale Vernetzung der türkischen Universitäten nicht zu gefährden", so Engl.

(j.n./APA)

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