Die First Lady wird von ihren Anhängern ebenso tief verehrt, wie sie ihre Gegner hassen. Sie soll die Bedeutung von Hillary Clintons Kandidatur verdeutlichen.
Washington. An Michelle Obama, der Ehefrau des Präsidenten, scheiden sich Amerikas Geister ebenso wie in allen anderen politischen Fragen. 59 Prozent der Republikaner haben laut Umfrage des Pew Research Center vom Juni kalte, also negative Gefühle ihr gegenüber, 21 Prozent stehen ihr gleichgültig gegenüber, nur acht Prozent finden sie gut. Hingegen ist die 52-jährige Absolventin der Elitehochschulen Princeton und Harvard bei den Demokraten hochbeliebt: 78 Prozent finden sie gut, nur sieben Prozent mögen sie nicht.
Wer die frühere Rechtsanwältin schon einmal bei einem ihrer Auftritte erlebt hat, versteht, wieso sie die Demokratische Partei als erste prominente Rednerin beim Parteitag in Philadelphia ausgewählt hat. Obama ist die erste Präsidentengattin, die glaubhaft über die Anforderungen an arbeitende Mütter sprechen kann. „Wenn eine Toilette übergeht, sind es meistens wir, die eilig vereinbarte Treffen umplanen, um da zu sein, wenn der Installateur kommt. Werte Damen, höre ich da ein ,Amen‘?“, sagte sie etwa während der Wahlkampagne ihres Gatten Ende 2007 in New Hampshire.
Feindbild der Rechtsrechten
In den regelmäßigen Gallup-Umfragen erfreut sich Obama seit ihrem Einzug ins Weiße Haus des Zuspruchs von rund zwei Dritteln der Amerikaner. Doch wer sie nicht mag, ist in seiner Ablehnung zutiefst verbittert. Obamas Auswahl von Kleidern wird aus der Anonymität des Internets ebenso gehässig kritisiert wie der Umstand, dass sie keine Berührungsängste gegenüber der zeitgenössischen Popkultur hat.
Auf rechtsrechten Plattformen wie Breitbart News oder Free Beacon schießt man sich mit Gusto auf die First Lady ein. Schon kurz nach der Offenbarung, dass Donald Trumps Gattin, Melania, ihre Rede auf dem republikanischen Parteitag großteils von Obama kopiert hatte, verbreiteten sich Meldungen, Obama habe ihrerseits 2008 beim linken Aktivisten Saul Alinsky abgekupfert. Das wurde auf Snopes. com, einer Plattform zur Prüfung von Verschwörungstheorien, schlüssig falsifiziert. An der Meinung der Michelle-Hasser änderte das jedoch nichts.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2016)