China verurteilt Aktivist wegen Untergrabung der Staatsgewalt

Nur ausgewählte Journalisten waren zu dem Gerichtsgebäude zugelassen. (Symbolfoto)
Nur ausgewählte Journalisten waren zu dem Gerichtsgebäude zugelassen. (Symbolfoto)APA/AFP/NICOLAS ASFOURI
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Das Gericht verhängt eine dreijährige Haftstrafe. Auch drei Kollegen Zhai Yanmins sind angeklagt - sie alle fielen eine massigen Verhaftungswelle zum Opfer.

709 wird die Gruppe genannt - eine Anspielung auf den Beginn einer massiven Verhaftungswelle von mehr als 300 Anwälten, Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und Angehörigen. Vor mehr als einem Jahr, am 9. Juli 2015, holten chinesische Sicherheitsbehörden zu ihrem Rundumschlag aus.

Am Dienstag verurteilte ein Gericht in Tianjin einen berühmten Vertreter der Gruppe, Zhai Yanmin, zu drei Jahren Haft und vier Jahren auf Bewährung. Der "arbeitslose Pekinger" und "bezahlte Protestorganisator", wie ihn die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua nannte, habe sich mit drei anderen Angeklagten verschworen und geplant, Chinas Staatsmacht zu untergraben. Zudem habe er eine "systematische Ideologie, Methode und Schritte entwickelt", um sein Ziel zu erreichen.

Dem 55-Jährigen, der bereits während der Tiananmen-Proteste 1989 aktiv war, seien außerdem für vier Jahre die politischen Rechte aberkannt worden, berichtet Xinhua. Zhai habe keine Berufung eingelegt. Ursprünglich hieß es, er könnte mit einer lebenslänglichen Haftstrafe belangt werden.

In den kommenden Tagen soll nun auch dem Menschenrechtsanwalt Zhou Shifeng und zwei anderen Aktivisten, Hu Shigen und Gou Hongguo, der Prozess gemacht werden. Die Gruppe war vergangenen Juli während Demonstrationen verhaftet worden. Damals hieß es, sie hätten Massenproteste organisiert, um Gerichtsverfahren und Urteile zu beeinflussen. Angehörige der Angeklagten bezeichneten das Verfahren gegenüber der britischen BBC als "lächerlich und bösartig".

Aktivistin nach Stellungnahme entlassen

Am Montag war die bekannte chinesische Menschenrechtsanwältin Wang Yu gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Auch sie war vor rund einem Jahr im Zuge der Verhaftungswelle inhaftiert worden.

Phoenix TV strahlte ein Interview mit Wang aus, in dem sie ihre Haftbedingungen lobt. Sie habe die "menschenwürdige Fürsorge" Chinas erfahren, sagte die Menschenrechtsanwältin in dem Interview, das unter unbekannten Bedingungen aufgenommen wurde. Ihre Anwaltskanzlei, in der auch die anderen Angeklagten arbeiten, werde von "ausländischen Kräften" unterwandert, um die chinesische Regierung zu diskreditieren, fügte sich hinzu.

Phoenix TV ist ein Privatsender, er wurde aber von einem früheren General der chinesischen Armee gegründet und gilt als eng mit der Führung in Peking verwoben. Weder die Behörden in Tianjin, wo Wang inhaftiert war, noch die Menschenrechtsanwältin selbst waren am Montag für eine Stellungnahme zu erreichen. Beobachter halten das "Geständnis" jedoch für erzwungen.

Wang hatte in der Vergangenheit als Anwältin Opfer von sexuellem Missbrauch vertreten und auch heikle Fälle wie die eines uigurischen Bürgerrechtlers übernommen. Ihr Ehemann Bao Longjun ist weiterhin in Haft. Ihr Sohn stand nach einem Fluchtversuch ins Nachbarland Myanmar im vergangenen Jahr nach Angaben aus Wangs Umfeld vorübergehend unter Hausarrest.

Zwei Dutzend Aktivisten noch in Haft

Knapp zwei Dutzend Opfer der Verhaftungswelle seien noch in Haft, berichtete die Hongkonger Interessengruppe chinesischer Menschenrechtsanwälte (CHRLCG). Menschenrechtsorganisationen verurteilten das Vorgehen und forderten die sofortige Freilassung aller Inhaftierten. Auch wurde kritisiert, dass Anwälte und Angehörige nicht rechtzeitig über den bevorstehenden Gerichtstermin informiert worden seien.

Die Gruppe China Human Rights Defenders (CHRD) verurteilte "die zunehmende Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern unter dem Vorwand einer sogenannten Gefahr für die nationale Sicherheit".

>>> Zum Bericht auf "BBC".

>>> Zum Bericht auf "Xinhua".

(APA/dpa/AFP/red)

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