Der propagandistische Spaltpilz in Europa

Amphibious infantry fighting vehicle drives during International Army Games outside Moscow
Amphibious infantry fighting vehicle drives during International Army Games outside Moscow(c) REUTERS (MAXIM SHEMETOV)
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Eine neue Studie zieht Lehren auf mehreren Ebenen aus der russischen Desinformationskampagne.

Wien. Der britische Journalist und Autor Peter Pomeranzev hat in seinem gemeinsam mit Michael Weiss verfassten Bericht, „The Menace of Unreality“, der sich mit der staatlich organisierten russischen Desinformationskampagne beschäftigt, den viel zitierten Begriff von „weaponization of information“ geprägt: Information, so die These, ist eine Waffe in der hybriden Kriegsführung. In einem nun veröffentlichten Nachfolgebericht, den Pomeranzev gemeinsam mit dem früheren Russland-Korrespondenten des britischen „Economist“ Edward Lucas verfasst hat, bleiben die beiden Autoren ihrem Thema treu.

„Winning the Information War“ präsentiert Fallstudien, die die durchaus unterschiedliche Wirkungsweise russischer Propaganda in mehreren Ländern Ostmitteleuropas nachzeichnen und nach Antworten für Medienmacher und europäische Regierungen suchen.

Zeitgenössische russische Desinformation versuche nicht in alter Propagandamanier „auf krude Art die Kreml-Agenda zu bewerben“, sondern betreibe Verwirrung und Ablenkung. „Russland zielt auf die Erosion der öffentlichen Unterstützung für Euro-Atlantische Werte, um seine eigene relative Macht zu stärken.“ Dazu nutze es ethnische, linguistische, regionale und historische Spannungen in europäischen Staaten. Zudem sei vor allem die auf ein Massenpublikum abgestimmte TV-Propaganda oft clever, emotional und gar unterhaltsam.

Notorisch bekannt ist der Narrativ vom angeblich „faschistischen Coup“ in der Ukraine, der in Russland selbst, aber auch im Westen auf gewissen Widerhall stieß. Doch auch in Polen sei russische Propaganda aktiv, so die Autoren, allerdings wende sie sich an extrem rechte und linke Gruppen mit antiwestlicher und antiukrainischer Agitation, mit dem Ziel, den politischen Mainstream zu schwächen.

Die Empfehlungen der Autoren? Bessere strategische Kommunikation europäischer Behörden, Stärkung staatlicher Regulatoren in den Transformationsstaaten, Verbesserung der Medienkompetenz und mehr vernünftige Medienangebote in russischer Sprache. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2016)

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