Iran: Das tödliche Ende eines Spionagedramas

Iranian scientist Amiri  flashes the victory sign after a news conference at the Imam Khomini airport in Tehran
Iranian scientist Amiri flashes the victory sign after a news conference at the Imam Khomini airport in Tehran(c) REUTERS (Raheb Homavandi / Reuters)
  • Drucken

Wurde er vom US-Geheimdienst CIA entführt – oder war er ein Überläufer? Im Iran wurde der Atomwissenschaftler und Familienvater Shahram Amiri nun hingerichtet. Sein Fall bleibt rätselhaft.

Wien/Teheran. 2010 hatte ihn der Iran noch als Helden gefeiert, nun wurde der Atomphysiker Shahram Amiri gehängt. „Dieser Mann hatte Verbindungen zum Großen Satan, Amerika. Er gab dem Feind geheime und lebenswichtige Informationen“, sagte ein Justizsprecher. Es ist die letzte tragische Wendung in diesem Spionagedrama, das vor dem Hintergrund des (nun beigelegten) Atomkonflikts begann. War Amiri CIA-Spion, Doppelagent oder nur einfacher Wissenschaftler, der keine Geheimnisse kannte, wie er beteuerte? Gewissheiten gibt es in diesem rätselhaften Fall nicht, nur Hinweise.

Rückblende: 2009 scheint ein US-Militärschlag gegen das Nuklearpogramm des Iran unter Präsident Ahmadinejad näher als eine diplomatische Lösung. Anfang Juni verschwindet der 32-jährige Atomforscher Amiri während einer „Pilgerreise“ im saudischen Medina. Der Iran verdächtigt bald die USA, ihn entführt zu haben. Im selben Jahr, 2009, erfährt die Welt von US-Präsident Barack Obama, dass im iranischen Ghom eine zweite Urananreicherungsanlage existiere. Bis heute halten sich Gerüchte, die USA hätten den Tipp von Amiri bekommen.

Im März 2010 nimmt der Fall die nächste Wende: Amiri wird nun in US-Medien als Überläufer enttarnt. Die New York Times präzisierte später, der Spion („plump und nervös“) habe schon in Teheran Informationen geliefert und sei dann in ein CIA-Schutzprogramm in den USA aufgenommen worden. Amiri war Forscher an der Malek-Adhtar-Universität und soll dabei Irans Atomanlagen besucht haben. Am 7. Juni 2010 eröffnet ein Amateurvideo das nächste Kapitel in dem Drama: Darin sagt Amiri, er sei vom US-Geheimdienst CIA entführt, gefoltert und unter Drogen gesetzt worden. In einem zweiten Video widerruft er zwar. In einem dritten Filmchen behauptet der Mann mit dem rundlichen Gesicht aber erneut, er sei in den Fängen des CIA. Das Außenministerium der nunmehrigen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nennt die Vorwürfe lächerlich. Amiri stehe es frei, das Land zu verlassen. Und Amiri geht im Juli 2010. Wurde seine Familie im Iran bedroht? Über die Beweggründe gibt es nur Spekulation.

Irans Regime hält nach außen an der Entführungsversion fest und feiert Amiris Ankunft. Bilder gehen um die Welt, die den Forscher auf dem Flughafen Teheran zeigen. Im Arm hält er seinen Sohn. Amiri strickt weiter an der Heldenlegende: „Mit Gottes Hilfe“ habe er dem Druck der USA widerstanden. Doch das Regime glaubt ihm kein Wort. Wochen später verschwindet Amiri wieder und fasst 2011 zehn Jahre Haft aus. Nun wurde das Urteil revidiert – und die Todesstrafe vollstreckt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.