Deutschland: Vom Klassenclown zum Jihadistenvermittler

Sven Lau soll eine „hohe suggestive Wirkung“ auf junge Menschen haben.
Sven Lau soll eine „hohe suggestive Wirkung“ auf junge Menschen haben.(c) APA/AFP/dpa/MARIUS BECKER
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In Düsseldorf hat am Dienstag der Prozess gegen Sven Lau, einen der einflussreichsten deutschen Salafisten, begonnen. Der 35-Jährige soll junge Deutsche für eine IS-nahe Terrorgruppe in Syrien rekrutiert haben.

Berlin/Düsseldorf. In der Schule galt Sven Lau, aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus in Mönchengladbach, als Clown. Er hat ein bisschen gekifft und viel Fußball geschaut, ließ sich zum Industriemechaniker und zum Berufsfeuerwehrmann ausbilden. Später konvertierte er zum Islam, nannte sich Abu Adam und begann eine vielversprechende Karriere als Salafist.

Wie es zu dieser Wandlung kam und welche Auswirkungen sie auf die deutsche Gesellschaft hatte, wird ein Gericht demnächst klären. Am Dienstag hat in Düsseldorf der Prozess gegen Lau, einen der einflussreichsten deutschen Prediger des ultrakonservativen Islam, begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 35-Jährigen vor, Deutsche für den Kampf in Syrien rekrutiert zu haben. Lau soll als Personenvermittler für die „Armee der Auswanderer und Helfer“ gearbeitet haben, die eng an die Terrormiliz Islamischer Staat gebunden war und später in ihr aufging. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Schon länger hat der Verfassungsschutz beobachtet, dass Personen aus Laus Umfeld nach Syrien gereist sind. Gerichtsgutachter bescheinigen ihm eine „hohe suggestive Wirkung“ auf junge Menschen. Lau ist ein Manipulator, ein Verführer – und ein gerissener Organisator. Neben Geld und Nachtsichtgeräten soll er den Terroristen auch Kranken- und Müllwagen besorgt haben. Einer, heißt es in der 80-seitigen Anklage, sei für einen Selbstmordanschlag benutzt worden.

Im Frühjahr 2014 wurde Lau, der mit seinem Gesinnungsgenossen Pierre Vogel in engem Kontakt steht, zum ersten Mal verhaftet, aus Mangel an Beweisen aber wieder freigelassen. Im vergangenen Dezember wurde er erneut festgenommen. Seither sitzt er in U-Haft.

Bekanntheit erlangte Lau als Gründer der Scharia-Polizei. In Signalwesten war sein Hofstaat vor zwei Jahren in Wuppertal ausgeschwärmt. Besucher von Diskotheken, Spielhallen und Sonnenstudios wurden von den Sittenwächtern aufgefordert, keinen Alkohol zu trinken und die Finger von Spielautomaten und Musik zu lassen. Er habe damit nur eine Debatte über die islamische Gesetzgebung anstoßen wollen, sagte Lau hinterher.

Anwalt: Lau nicht schuldig

Sein Verteidiger, Mutlu Günal, wies am Dienstag alle Vorwürfe zurück: Die Anklage gegen seinen Mandanten werde wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Der Generalbundesanwalt solle schon einmal Geld für die Haftentschädigung beiseitelegen. Allerdings gibt es zwei Kronzeugen, die den Angeklagten belasten. Einer von ihnen behauptet, Lau hätte ein Bestimmungsrecht über die von ihm vermittelten Jihadisten gehabt und sei in Syrien regelrecht hofiert worden.

Es wird eine Zeit dauern, bis die Schuldfrage geklärt ist. 30 Verhandlungstage wurden angesetzt, rund 40 Zeugen sind geladen. Im Prozess sollen auch Videos von Lau gezeigt werden. Seine Botschaft an potenzielle Kämpfer: Der Märtyrertod werde mit dem Paradies und im Diesseits mit Heldenverehrung belohnt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2016)

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