Deckname Krotow: Das Vorleben des Mahmoud Abbas beim KGB

Gideon Remez, one of the Israeli researchers who said on Thursday that Soviet-era documents showed that Palestinian President Mahmoud Abbas worked in the 1980s for the KGB, speaks to Reuters during an interview in Jerusalem
Gideon Remez, one of the Israeli researchers who said on Thursday that Soviet-era documents showed that Palestinian President Mahmoud Abbas worked in the 1980s for the KGB, speaks to Reuters during an interview in Jerusalem(c) REUTERS (AMMAR AWAD)
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Israelische Historiker decken auf, dass der Sowjet-Geheimdienst Palästinenserpräsident Abbas als Agent führte. PLO-Führung dementiert.

Jerusalem. Führende Politiker in Ramallah streiten die Berichte ab, dass Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas KGB-Agent gewesen sein soll. Von einem „Ablenkungsmanöver“ und „Märchenerzählungen“ ist in der Palästinensischen Autonomiebehörde die Rede.

„Die israelische Regierung“, so kommentierte Jamal Dajani, Direktor für Kommunikation und Medien im Büro des palästinensischen Premiers, lasse nichts unversucht, „die Öffentlichkeit zu verwirren“ und „alle Anstrengungen zur Wiederbelebung des Friedensprozesses zu behindern“.

Die von zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern des Jerusalemer Truman-Instituts an der Hebräischen Universität recherchierten Fakten lassen indes kaum Zweifel offen. In dem von einem Überläufer gelieferten Dokument heißt es, dass Abbas 1983 unter dem Decknamen Krotow als Agent für den KGB tätig war.

„Machmud Abbas, geboren 1935“, steht in der Akte, die das staatliche Fernsehen am Mittwochabend veröffentlicht hat, und: „PLO-Mitglied in Damaskus“. Aus dem Eintrag geht nicht hervor, wie lang Abbas eventuell schon vorher und auch nachher für den russischen Geheimdienst gearbeitet hat. Denkbar ist, dass ihn der KGB während seines Studiums in Moskau rekrutiert hat. 1982 promovierte Abbas zum Thema Zionismus und Nationalsozialismus. In seiner Dissertation soll er die Verfolgung der Juden als dramatisch übertrieben bezeichnet und die Existenz von Gaskammern infrage gestellt haben.

Gruß aus dem Mitrochin-Archiv

Tatsache ist, dass die israelischen Historiker Isabella Ginor und Gideon Remez bei der Untersuchung des Mitrochin-Archivs (Universität Cambridge) auf den Namen Abbas gestoßen sind. Wassili Mitrochin war Oberst beim KGB, bis er Anfang der Neunzigerjahre überlief und eine Sammlung handschriftlicher Notizen in den Westen schleuste. Das Archiv soll über 1000 KGB-Mitarbeiter namentlich aufführen.

Remes erklärt die späte Enthüllung der Spionagetätigkeit von Abbas damit, dass die Akten erst im vergangenen Jahr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien. „Wir orderten sämtliche für den Nahen Osten relevanten Dokumente an und gingen sie Paragraf für Paragraf durch.“

Einer möglichen Wiederaufnahme des seit mehr als zwei Jahren auf Eis liegenden Friedensprozesses dürfte die Enthüllung kaum im Weg stehen. Abbas hat die französische Initiative zuletzt begrüßt, eine internationale Konferenz noch in diesem Jahr abzuhalten, Israels Premier, Benjamin Netanjahu, lehnte dagegen ab. Unklar ist derzeit, ob und wann es zu einem Treffen der beiden Politiker in Moskau kommen wird. Sowohl Abbas als auch Netanjahu hatten sich grundsätzlich offen für die Einladung des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, gezeigt. (kna)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)

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