Keine Lust auf die Rente

Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble(c) APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK
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Der eine ist 73, der andere 68. Aber Finanzminister Wolfgang Schäuble und Linkspartei-Senior Gregor Gysi kandidieren 2017 noch einmal für den Bundestag.

Berlin. Die deutsche Flexi-Rente, die älteren Arbeitnehmern ab 2017 den Übergang in die Pension erleichtern soll, wurde jedenfalls nicht für diese beiden Herren geschaffen: Wolfgang Schäuble, 73 Jahre alt, seit 2009 Finanzminister für die CDU, und Gregor Gysi, 68, langjähriger Fraktionschef der Linkspartei, haben keine Lust auf Ruhestand. Bei der Bundestagswahl in einem Jahr werden beide erneut kandidieren, Schäuble im Wahlkreis Offenburg (Baden-Württemberg) und Gysi im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick.

Er habe diese Entscheidung „nach reiflicher Überlegung“ getroffen und sei damit „vielen Bitten und Signalen“ der Wähler nachgekommen, sagte Gysi dem „Berliner Kurier“. Beim Linke-Parteitag im Juni 2015 hatte er sich nach zehn Jahren an der Fraktionsspitze in die zweite Reihe zurückgezogen, zugunsten von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Dabei ließ Gysi offen, ob er 2017 noch einmal antritt.

Diese Frage ist nun geklärt. Er war von 1990 bis 2002 Mitglied des Bundestags und dann wieder ab 2005. Schäuble ist noch länger dabei, viel länger. Seit 1972. Das macht ihn zum längst dienenden Abgeordneten in der Geschichte der Bundesrepublik. Zwischenzeitlich war er Fraktionschef und zwei Mal Innenminister. Vor sieben Jahren übernahm er dann das Finanzministerium.

Dass Schäuble noch nicht genug hat, beweist auch seine jüngste Personalentscheidung: Er schickt nämlich den Chef seines Planungsstabs im Finanzministerium, Martin Jäger, nach Baden-Württemberg. Als Staatssekretär im Stuttgarter Innenministerium soll er Minister Thomas Strobl entlasten, Schäubles Schwiegersohn, der in der Koalition mit dem grünen Ministerpräsidenten, Winfried Kretschmann, ein wenig unterzugehen droht. Jäger wird für die Polizei, den Verfassungsschutz und Abschiebungen verantwortlich sein – alles Themen, die die CDU gerade sehr beschäftigen.

Der 52-jährige Ex-Diplomat gilt als Stratege, was der eigentliche Grund für seine Versetzung gewesen sein dürfte. Denn die Union braucht die Stimmen im Süden für ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl. Danach ist Schwarz-Grün eine Option. Gemeinsam mit dem CDU-affinen Kretschmann soll Jäger dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Geht alles gut, könnte er im Herbst nächsten Jahres wieder nach Berlin gerufen werden. Als Minister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2016)

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