Trumps Gewaltfantasien

Donald Trump.
Donald Trump.(c) REUTERS (MIKE SEGAR)
  • Drucken

Der Kandidat für die US-Präsidentschaft spielt erneut mit der Idee eines Mordanschlags auf Hillary Clinton. Manche seiner Anhänger wollen sie sogar hinrichten.

Am Freitagabend war Donald Trump wieder einmal in seinem Element. Rund 2500 seiner Anhänger bejubelten ihn bei seiner Kundgebung in Miami, und keiner von ihnen stieß sich daran, dass der republikanische Kandidat, der noch vor einem Jahr erklärt hatte, die Öffnungspolitik der USA unter Präsident Barack Obama gegenüber dem kommunistischen Kuba sei „in Ordnung“, nun eine knallharte Anti-Castro-Linie verfocht. Doch dann wich Trump von seinem Redetext ab und sprach: „Hillary Clinton läuft mit bewaffneten Leibwächtern herum, wie man das noch nie gesehen hat. Ich finde, ihre Leibwächter sollten alle Waffen niederlegen. Sie sollten sich entwaffnen. Und dann schauen wir, was passiert.“

Sollte Trump mit diesen Worten versucht haben, Clintons langjährige Forderung nach strengeren Vorschriften für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen ironisch zu konterkarieren, ist ihm das auf ähnliche Weise entglitten wie in einer Rede Anfang August, als er meinte, wenn Clinton Präsidentin würde, wäre das schlimm für die konservative Linie im Obersten Gerichtshof, und niemand könne etwas tun – mit Ausnahme der „Second Amendment people“, also der üblicherweise schwer bewaffneten Waffenbesitzaktivisten, die den zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung so auslegen, dass es überhaupt keine Einschränkungen des Schusswaffenbesitzes geben dürfe. „Ein Witz, der entglitten ist“, kritisierte damals selbst Paul Ryan, der Vorsitzende des US-Abgeordnetenhauses und derzeit höchstrangige republikanische Amtsträger Trumps Aufruf an militante Waffenbesitzer, ihre Interessen gegen Clinton bis zur letzten Konsequenz zu verfechten.

Weder Trump noch seine Sprecherinnen erläuterten tags darauf, was der Kandidat damit gemeint habe, er wolle sehen, was passiere, wenn Clinton keine Leibwächter mehr hätte. Wie bei jeder bisherigen vulgären oder gewalttätigen Aussage Trumps nutzt sein Kampagnenteam den Sturm der Empörung in den Medien, um sich als Opfer der bösen, scheinheiligen Mainstream-Medien zu stilisieren.


„Für Hochverrat erschießen“.
Doch Trumps Spiel mit der Gewalt – ob tatsächlich oder vorerst nur in der Sprache – dauert seit seinem ersten Tag als Präsidentschaftsanwärter an, als er vorigen Juni erklärte, die Mexikaner, welche in die USA kommen, seien fast durchwegs Verbrecher, Drogenhändler, Vergewaltiger. „Ich würde ihm so gern ins Gesicht schlagen, ich sag's euch“, dröhnte Trump im Februar in Nevada unter dem Jubel seiner Anhänger, als ein Demonstrant aus der Halle eskortiert wurde. „In der guten alten Zeit hätte man solche auf der Bahre rausgetragen.“

Und manche seiner Unterstützer drehen die rhetorische Schraube der Gewalt noch weiter. „Hillary Clinton sollte vor ein Erschießungskommando gestellt und für Hochverrat erschossen werden“, sagte Al Baldasaro, Abgeordneter des Parlaments von New Hampshire, in einem Radiointerview während des republikanischen Parteitags im Juli.

Der politische Meinungsmacher Roger Stone, eines von Trumps Sprachrohren in den Kabelfernsehdebatten, schrieb am 11. Juli 2014 auf Twitter diese Worte: „Hillary muss zur Rechenschaft gezogen werden – verhaftet, verurteilt und wegen Mordes exekutiert.“ Stone verbreitet seit Jahren die nachweisliche Lüge, Clinton habe ihren früheren Anwaltspartner Vince Foster ermordet (Foster hat sich 1993 das Leben genommen). Mike Folk, ein republikanischer Abgeordneter aus West Virginia, wandte sich im Juli via Twitter direkt an Clinton und erklärte: „Sie sollten für Hochverrat und Mord verurteilt und auf der Mall in Washington aufgehängt werden“ (Folk entschuldigte sich später für seinen „Ton“, was seine Entlassung als Pilot aber nicht verhinderte).

Manche Beobachter geben zu bedenken, dass die öffentlichen Gewaltaufrufe gegen Yitzhak Rabin in den Monaten vor seiner Ermordung durch einen jüdischen Rechtsextremisten im Jahr 1995 ähnlich zugenommen hätten, wie das nun unter tätiger Anleitung oder zumindest Duldung Trumps in den USA geschieht. „Trumps Worte sind eine Aufforderung zu jener Art von politischer Gewalt, die mich persönlich getroffen hat“, schrieb Rabins Sohn Yuval im August in einem Gastkommentar für „USA Today“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

"Wenn ich eine Schale Skittles hätte und Dir sagen würde, dass Dich drei davon töten würden. Würdest Du dann eine Handvoll nehmen?"
Außenpolitik

Trumps Sohn vergleicht vergiftete Zuckerl mit Flüchtlingen

Der Sohn des US-Präsidentschaftskandidaten unterstellte auf Twitter, Menschen aus Syrien seien gefährlich. Skittles wies den Vergleich zurück.
fallon clinton trump
Medien

Fallon und Clinton machen sich über Trump lustig

"Das ist die berühmteste Bromance, die es gerade gibt", sagte Hillary Clinton in der TV-Sendung "Tonight Show" über die Beziehung zwischen Donald Trump und Wladimir Putin.
Kommentare

Spiel mit dem Feuer

Es ist nicht das erste Mal, dass Donald Trump etwas sagt, was als Gewaltaufruf gegen Hillary Clinton verstanden werden kann.
Außenpolitik

Trump sorgt erneut mit Waffen-Sager für Empörung

Der Präsidentschaftskandidat schlägt vor, Clintons Leibwächter zu entwaffnen: "Sehen wir, was mit ihr passiert." Trumps Spitze gegen Clintons Forderung nach strengeren Waffengesetzen geht auch einigen Republikanern zu weit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.