Ganze Stadtteile gerieten bei den Attacken auf Rebellengebiete in Brand. Die UNO appelliert an Damaskus, Hilfslieferungen in die Stadt zu lassen.
Auf die syrische Stadt Aleppo sind in der Nacht zum Donnerstag offenbar die schwersten Luftangriffe seit Monaten geflogen worden. Dabei kamen nach Angaben eines Arztes mindestens 45 Menschen ums Leben. Einen solch heftigen Beschuss habe es seit April nicht gegeben, teilten Rebellen mit. "Es gab keine Waffe, die sie nicht genutzt haben", sagte der in der Türkei ansässige Chef des politischen Arms der Rebellengruppe Fastakim.
Ein Vertreter einer weiteren Rebellengruppe sprach von allein 15 Angriffen auf zwei Gebiete der Stadt. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass es in den beschossenen, von Rebellen kontrollierten Stadtteilen im Südwesten Aleppos in jüngster Zeit keine Kämpfe gegeben habe. Von der syrischen Armee gab es zunächst keine Stellungnahme. Auch in Staatsmedien wurden die Luftangriffe nicht erwähnt.
Die Gefechte gingen auch am Donnerstag weiter. Dabei kamen nach Angaben von Aktivisten offenbar auch Brandbomben zum Einsatz. Wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete, brachen durch die nächtlichen Bombardierungen mehrere Feuer aus. Ganze Stadtteile standen in Flammen. Zahlreiche Gebäude wurden auch durch die Detonationen der Bomben beschädigt.
Die UNO schätzt, dass in den 18 belagerten Gebieten in Syrien etwa 600.000 Menschen festsitzen. Ihnen fehlt es dort an Nahrungsmitteln, Medikamenten und Trinkwasser.
UN nehmen Hilfslieferungen wieder auf
Nach dem Ende der Waffenruhe waren die Gefechte in dem Bürgerkriegsland am Mittwoch wieder voll entbrannt. US-Außenminister John Kerry forderte, dass Kampfflugzeug-Einsätze von Russland und Syrien sofort eingestellt werden müssten. Nur so könne der Waffenstillstand gerettet und das "Gemetzel" beendet werden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier schloss sich dem Aufruf seines Kollegen an. Die Lage in Syrien stehe auf Messers Schneide, sagte Steinmeier in New York. "Wenn der Waffenstillstand überhaupt noch eine Chance haben soll, dann führt der Weg nur über ein zeitlich begrenztes, aber vollständiges Verbot aller militärischen Flugbewegungen über Syrien - mindestens für drei, besser für sieben Tage."
Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow erteilte indes den Vorschlägen von Flugverbotszonen über bestimmten Gegenden in Syrien eine Absage. "Diese Initiative ist zumindest im Moment nicht umsetzbar", sagte Rjabkow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Zunächst müssten die USA und ihre Partner Druck ausüben "auf jene Kräfte, die denken, dass nur Krieg das Problem lösen kann". Moskau sei derzeit nicht überzeugt, dass die Ideen von US-Außenminister Kerry funktionieren könnten.
Die Vereinten Nationen nahmen unterdessen ihre Hilfslieferungen nach zwei Tagen Pause wieder auf. Noch am Donnerstag werde sich ein Konvoi auf den Weg in belagerte Gebiete in der Nähe der Hauptstadt Damaskus machen, sagte ein Sprecher. Die Sicherheitslage sei je nach Region unterschiedlich. "Wir schätzen das immer von Fall zu Fall ein."
Neustart für Friedensverhandlungen im Gespräch
Er hoffe, dass Hilfslieferungen schon bald auch wieder in die umkämpften Gebiete im Raum Aleppo erfolgen könnten. Die UN stellten ihre Hilfslieferungen ein, nachdem am Montag ein Konvoi in der Nähe von Aleppo unter Beschuss geraten war. 40 Lastwagen mit Hilfsgütern warteten seit mehr als einer Woche an der Grenze auf die Einreise nach Syrien, sagte der Chef der UN-Hilfsmission für Syrien, Jan Egeland, am Donnerstag in Genf. Er appellierte an Assad, die Lieferungen endlich ins Land zu lassen.
Zugleich wollen die UN einen Neustart für die festgefahrenen Genfer Syrien-Gespräche versuchen. Ziel sei es dabei, möglichst bald von separaten Gesprächen zu direkten Verhandlungen zwischen der Regierung und den Rebellen überzugehen, sagte der stellvertretende UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Ramzy Ezzeldin Ramzy, am Donnerstag vor Reportern in Genf.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon habe den Syrien-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura um die Vorbereitung einer neuen Gesprächsrunde gebeten. De Mistura wolle dafür innerhalb der nächsten Wochen einen neuen Rahmenplan vorlegen und Vorgespräche mit den Konfliktgegnern führen.
(APA/Reuters/dpa/AFP)