Spanien will sich Gibraltar in den Brexit-Verhandlungen holen

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Man müsse sich entscheiden, ob man Briten außerhalb der EU oder Spanisch-Briten innerhalb der EU sein will.

Großbritannien muss in seinen EU-Austrittsverhandlungen nicht nur um Schottland bangen, sondern auch um Gibraltar. Spanien will den britischen Außenposten an der Südspitze der iberischen Halbinsel nämlich zum Thema der Brexit-Gespräche machen. Die spanische Flagge werde innerhalb von vier Jahren über dem Affenfelsen wehen, sagte Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo dem Fernsehsender RTVE.

Die Bevölkerung Gibraltars hat sich beim Brexit-Referendum im Juni mit überwältigender Mehrheit für einen Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen. Mit dem Vereinigten Königreich werde aber auch Gibraltar aus der EU ausscheiden, betonte der spanische Chefdiplomat. Verhindern ließe sich das nur, wenn Gibraltar zu einem Kondominium von Großbritannien und Spanien werde.

Briten außerhalb der EU oder Spanisch-Briten innerhalb der EU

Die britische Regierung will spätestens im März 2017 den EU-Austrittsantrag stellen. Damit beginnt eine Frist von zwei Jahren zu laufen, in der sich beide Seiten darauf verständigen müssen, wie ihre künftigen Beziehungen aussehen. Spanien verfügt in diesen Verhandlungen wie jeder EU-Staat über ein Vetorecht und könnte eine Lösung scheitern lassen. Ein ungeregelter Brexit würde den Wirtschaftsstandort Gibraltar, der sich als Steueroase innerhalb des EU-Binnenmarktes positioniert, massiv treffen.

Wenn London einmal den Austrittsantrag gestellt habe, "werden sich die Dinge überschlagen und sie werden verstehen: Je schneller man das löst, umso besser", sagte Garcia-Margallo. Für die Bewohner Gibraltars werde es dann nämlich nur zwei Möglichkeiten geben: "Entweder sind sie Briten außerhalb der EU oder Spanisch-Briten innerhalb der EU." Nach der von Spanien vorgeschlagenen Lösung könnten die "Gibraltarenos" ihre britische Staatsbürgerschaft und Selbstverwaltung behalten, während London und Madrid den Grenzschutz, die Außen- und Verteidigungspolitik gemeinsam bestimmen würden.

"Niemals ist niemals und nein ist nein"

Der Regierungschef Gibraltars, Fabian Picardo, will von dieser Idee freilich nichts wissen. Die spanische Flagge werde "weder in vier Jahren, noch in 40, noch in 400, noch in 4.000 Jahren auf dem Felsen wehen", sagte Picardo am Donnerstag. "Niemals ist niemals und nein ist nein." Auch der Brexit werde an dieser Festlegung nichts ändern.

Die Bewohner Gibraltars hatten sich im Jahr 2002 in einem Referendum fast einmütig gegen die schon damals von London und Madrid ins Auge gefasste geteilte Souveränität über das Gebiet ausgesprochen. Für Spanien ist Gibraltar die "letzte Kolonie in Europa". Das strategisch bedeutende Gebiet am Eingang zum Mittelmeer ist im Vertrag von Utrecht im Jahr 1713 zu Großbritannien gekommen. Unter Diktator Francisco Franco versuchte Spanien, das Gebiet mit Verkehrsblockaden zurückzugewinnen, was sich als kontraproduktiv erwies. London gewährte den Lokalbehörden sukzessive Selbstverwaltungsrechte, um die Bevölkerung an sich zu binden.

(APA)

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