Friedensnobelpreis für Kolumbiens Präsident Santos

Juan Manuel Santos.
Juan Manuel Santos.REUTERS
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Er erhalte den Preis für seine Bemühungen, den seit über 50 Jahren währenden Guerillakrieg in seinem Land zu beenden, sagte das Nobelpreiskomitee in Oslo.

Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an den kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos. Das Komitee in Oslo würdigt damit das Bemühen des Präsidenten, den mehr als 50 Jahre andauernden Krieg in Kolumbien zu beenden, bei dem in einem halben Jahrhundert mehr als 220.000 Menschen getötet wurden.

Er erhalte den Preis für seine Bemühungen, den seit über 50 Jahren währenden Guerillakrieg in seinem Land zu beenden, teilte das norwegische Nobelpreiskomitee am Freitag in Oslo mit. Die Anerkennung gelte auch dem kolumbianischen Volk, das die Hoffnung auf Frieden nicht aufgegeben habe, sowie den zahlreichen Opfern des Krieges.

Sein Land dem Frieden "sehr, sehr nahe", meinte Santos. Er nehme den Nobelpreis im Namen des kolumbianischen Volkes an, das "so viel in diesem Krieg gelitten hat", schrieb Santos am Freitag beim Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Auszeichnung sei eine "große Ermutigung" auf dem Weg zum Frieden in Kolumbien.

Überarbeitung des Abkommens

Santos hatte nach zähen Verhandlungen einen Friedensvertrag mit der linksgerichteten FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) ausgehandelt, der den jahrzehntelangen Krieg mit der marxistischen Guerilla-Gruppe beenden sollte. Bei einem Referendum sprachen sich die Kolumbianer am Sonntag aber überraschend mit knapper Mehrheit gegen den Vertrag aus. Das heiße nicht zwangsläufig, dass der Friedensprozess damit am Ende sei, teilte das Nobelpreiskomitee mit.

Die Ablehnung des Friedensabkommens hat den Bemühungen freilich einen Dämfper verpasst, die Regierung hat allerdings gleich mit der Überarbeitung des Vertragstextes begonnen. Verteidigungsminister Luis Carlos Villegas äußerte sich nach dem Treffen am Donnerstag in Bogota zuversichtlich. Es sei freundlich und respektvoll darüber diskutiert worden, wie ein Frieden in Kolumbien erreicht werden könne. Die Regierungsvertreter kamen mit einer Delegation der Oppositionspartei Centro Democratico von Ex-Präsident Alvaro Uribe zusammen.

Der Vorgänger von Staatschef Juan Manuel Santos ist ein entschiedener Gegner des Friedensvertrags, den Regierung und Rebellen nach jahrelangen Verhandlungen in Havanna geschlossen hatten. Für nächsten Montag sei ein weiteres Treffen angesetzt worden, um über die konkreten Änderungsvorschläge der Opposition zu beraten, sagte Villegas.

Rückzug in Zivil

Die FARC-Rebellen kehrten unterdessen wieder in ihre Hochburgen im Landesinneren zurück. "Sie reisten unbewaffnet und in Zivilkleidung", teilte das Rote Kreuz mit. Rebellenkommandeur Pastor Alape erklärte im Online-Dienst Twitter, der Rückzug sei angesichts worden, um "Provokationen" durch Gegner des Friedensabkommens zu verhindern.

Die FARC hatte 1964 im Kampf gegen Großgrundbesitzer und die Regierung zu den Waffen gegriffen. In dem Konflikt waren neben der Armee auch andere linke Guerillagruppen, rechte Paramilitärs und die Drogenmafia verwickelt.

Stammt aus einflussreicher Familie

Santos gehörte als Handels- und Finanzminister verschiedenen Regierungen an. Unter Präsident Alvaro Uribe war er als Verteidigungsminister für eine Militäroffensive gegen die FARC verantwortlich. Bei den Präsidentenwahl 2010 präsentierte er sich als Erbe seines politischen Ziehvaters Uribe. Als er dann aber 2012 die Friedensgespräche mit den FARC einleitete, überwarf er sich mit dem konservativen Hardliner, der zum erbitterten Gegner des Abkommens mit der FARC wurde - und mit seinen "No"-Referendums-Kampagne siegte. Nun muss Santos auch mit dem Uribe-Lager verhandeln.

Santos studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität von Kansas in den USA und öffentliche Verwaltung in Harvard. Später stieg er in das Verlagsgeschäft seiner Familie ein, die lange die größte kolumbianische Tageszeitung "El Tiempo" kontrollierte. Er stammt aus einer der einflussreichsten Familien des Landes. Sein Großonkel Eduardo Santos war von 1938 bis 1942 Staatspräsident, sein Cousin Francisco Santos war Vizepräsident unter Uribe, auch er ist ein Gegner des Vertrages mit der FARC.

Rekordzahl von Anwärtern

Die Osloer Jury hatte sich heuer unter einer Rekordzahl von Anwärtern entscheiden müssen. 376 Kandidaten - 228 Personen und 148 Organisationen - waren für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden. Nur wenige Nominierungen wurden im Vorhinein bekannt. Wie die anderen Nobelpreise wird der mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 850.000 Euro) dotierte Friedensnobelpreis am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel, verliehen.

Im vergangenen Jahr hatte das fünf Mitglieder starke Nobelkomitee das tunesische Quartett für den nationalen Dialog ausgezeichnet. Der Zusammenschluss aus Gewerkschaftsverband, Arbeitgeberverband, Menschenrechtsliga und Anwaltskammer war für den gemeinsamen Einsatz für einen friedlichen Übergang in Tunesien geehrt worden.

Ein Überblick über den Kolumbien-Konflikt.
Ein Überblick über den Kolumbien-Konflikt.APA

(red./APA)

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