Trump: „So eine widerliche Frau“

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Donald Trump beschimpft im letzten Fernsehduell vor der Wahl seine Gegnerin Hillary Clinton, streut Gerüchte über Wahlbetrug und droht, eine Niederlage nicht zu akzeptieren.

Washington. Donald Trumps Auftritt bei der dritten und letzten Fernsehdebatte mit seiner Gegnerin Hillary Clinton hat unter führenden amerikanischen Konservativen für Bestürzung gesorgt. „Trumps Antwort betreffend die Akzeptanz des Wahlergebnisses ist die beschämendste Aussage eines Präsidentenkandidaten seit 160 Jahren“, kritisierte der sehr konservative Kolumnist Bret Stephens vom „Wall Street Journal“ auf Twitter. „Er hätte sagen sollen, dass er das Ergebnis der Wahl akzeptiert. Es gibt keine andere Option, außer, wenn es wieder eine Neuauszählung gibt“, tat die einflussreiche rechte Talkshow-Moderatorin Laura Ingraham ebendort kund. Sie hatte auf dem republikanischen Parteitag im Juli noch eine flammende Rede für Trump gehalten.

Trump hatte auf die Frage, ob er in Einhaltung der 240-jährigen demokratischen Tradition der Vereinigten Staaten den friedlichen Machtwechsel im Weißen Haus ermöglichen würde, dies geantwortet: „Ich werde Ihnen das dann sagen, wenn es so weit ist. Ich werde Sie gespannt halten, okay?“

Dann holte er zu einer unzusammenhängenden Tirade gegen Clinton und Präsident Barack Obama aus, in der er beide der Anstiftung zu Gewalttaten gegen seine Anhänger bezichtigte: „Sie und Obama haben die Gewalt ausgelöst. Sie heuern Leute an, sie zahlten denen 1500 Dollar, es gibt Aufnahmen, wie die sagen: Seid gewalttätig, brecht Schlägereien vom Zaun, macht schlimme Dinge.“ Zum Abschluss des Rededuells unterbrach er Clinton mit den Worten: „So eine widerliche Frau.“

Letzte Hoffnung auf Gerüchte

Trump behauptete zudem, in den Wählerverzeichnissen seien „Millionen von Menschen, die wahlberechtigt sind, aber nicht eingetragen sein dürften.“ Was er genau damit meinte, führte Trump nicht aus, aber er verwies auf einen Bericht des renommierten Pew Center on the States aus dem Jahr 2012. Diese Studie befasste sich mit dem fehleranfälligen Prozess der Registrierung von Wählern und warnte, dass 24 Millionen Einträge – rund jeder achte – in die Wählerverzeichnisse „signifikant ungenau oder nicht mehr gültig“ seien. Allerdings stellt dieser Bericht keinen Wahlbetrug fest: „Die Untauglichkeit dieses papierbasierten Verfahrens, Daten von Wählern aktuell zu halten, wenn sie übersiedeln oder sterben, kann zu Problemen mit den Wählerverzeichnissen führen, einschließlich der Wahrnehmung, dass es ihnen an Glaubwürdigkeit fehlt oder dass sie für Betrug anfällig sein könnten.“

Doch seit Trumps Umfragewerte nach der Veröffentlichung seiner vulgären Prahlerei über sexuelle Nötigung von verheirateten Frauen und den Vorwürfen genau solcher Taten von bereits neun Frauen abgestürzt sind, versteigt sich Trump immer intensiver in Verschwörungsfantasien und apokalyptische Warnungen. „Das ist unsere letzte Chance. Entweder gewinnen wir diese Wahl, oder wir verlieren unser Land“, donnerte er diese Woche am Dienstag bei einer Kundgebung in Colorado. Bei der Debatte in der Nacht auf Donnerstag beklagte er einmal mehr die „verlogenen und korrupten Medien“, welche „die Gedanken so vieler Wähler vergiften“.

Sorge vor Gewalt am Wahltag

„Man kann nicht überstrapazieren, wie ernst und möglicherweise schädlich Trumps Kommentare sind“, schrieb der Politikforscher Micah Zenko, ein Clinton-Kritiker am Council on Foreign Relations. „Wenn seine glühenden Anhänger tatsächlich denken, dass die Vereinigten Staaten ,enden‘, falls Hillary Clinton als Präsidentin angelobt wird, könnte selbst ein kleiner Teil von ihnen das Ergebnis ablehnen und zu politisch motiviertem Vandalismus oder Gewalt anstiften.“

Beim Publikum dürfte Trump jedenfalls mehrheitlich durchgefallen sein: In einer Blitzumfrage von CNN unter Zusehern, welche die Debatte verfolgt hatten, galt Clinton mit 52 zu 39 Prozent als Siegerin. Bei einer ähnlichen Befragung von YouGov war sie mit 49 zu 39 Prozent voran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

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