Atomstreit: Iran provoziert mit Raketentests

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Raketen(c) EPA (Fars News Agency / Handout)
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Am Sonntag begannen die iranischen Revolutionsgarden ein Militärmanöver mit Raketentests. Das iranische Regime provoziert weiter, Israel alarmiert unterdessen über eine neue Nuklearanlage.

TEHERAN/JERUSALEM (AFP, AP). Das iranische Regime provoziert weiter und verstärkt so das Misstrauen der Außenwelt gegen sein militärisches Aufrüstungsprogramm mit der immer offenkundiger werdenden nuklearen Komponente. Am Sonntag begannen die iranischen Revolutionsgarden ein Militärmanöver („Großer Prophet 4“) mit Raketentests. Bereits zuvor hatte die Nachricht, dass Teheran bei der Stadt Qom eine zweite Atomfabrik zur Urananreicherung in einer Tunnelanlage errichtet, besorgte Reaktionen in der ganzen Welt ausgelöst.

Ein Gefolgsmann von Irans oberstem geistlichen Führer, Ali Khamenei, bestätigte die international geäußerten Befürchtungen über Irans Begierde nach der Atombombe indirekt: „Diese neue Anlage wird, so Gott will, bald betriebsbereit sein und die Augen der Feinde blenden.“ Offiziell hieß es in Teheran, die neue Anlage diene der Herstellung von Brennstoff für Atomkraftwerke.

(c) Die Presse

„Wann, wenn nicht jetzt“

Israel, dessen Vernichtung der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad schon wiederholt gefordert hat, reagierte in höchstem Maße alarmiert angesichts der jüngsten Entwicklungen. „Wann, wenn nicht jetzt“, forderte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem Telefonat mit Nancy Pelosi, Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, die westliche Führungsmacht zum Handeln auf. Netanjahu rief auch noch eine Reihe von US-Senatoren in dieser Sache an. Für Israels Außenminister Avigdor Lieberman wiederum steht außer Zweifel, dass die von den Iranern bisher geheim gehaltene Anlage militärischen Zwecken diene.

Irans Staatschef Ahmadinejad aber jubelte: Das Bekanntwerden der neuen Atomanlage sei ein „harter Schlag für den Westen“. Teheran hat versprochen, dass die neue Anlage von Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) geprüft werden dürfe, aber keinen Zeitpunkt genannt. US-Außenministerin Hillary Clinton dazu diplomatisch: Es sei „immer willkommen“, wenn sich der Iran internationalen Regeln unterwerfen wolle.

US-Präsident Barack Obama hat am Wochenende die Führung in Teheran vor einem Konfrontationskurs gewarnt und erneut betont, alle Optionen im Umgang mit dem Iran lägen auf dem Tisch. Er, Obama, bevorzuge aber weiterhin ein diplomatische Lösung.

Um eine solche ringt ab Donnerstag, den 1. Oktober, die sogenannte Sechsergruppe (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Deutschland) mit iranischen Vertretern in Genf. Aus amerikanischen Regierungskreisen verlautet, die Sechsergruppe werde dabei „uneingeschränkten Zugang“ für IAEA-Inspektoren zu den iranischen Nuklearanlagen innerhalb weniger Wochen verlangen. Der Iran soll ein „Transparenzpaket“ ausgehändigt bekommen, das den Zugang zu Wissenschaftlern, Dokumenten, Computern und allen Arten von Atomaktivitäten im ganzen Land beinhalten soll.

USA: Drei Monate Frist

Laut „New York Times“ will Obama dem Iran eine Frist von drei Monaten setzen, um seine Atomeinrichtungen für Inspektoren zu öffnen, Computerdaten zu übergeben und auf offene Fragen über sein Nuklearprogramm zu antworten. Sollte sich Teheran weigern, würden die USA neue harte Sanktionen anstreben und versuchen, die durch innenpolitische Konflikte zuletzt geschwächte iranische Führung unter Druck zu setzen, heißt es in dem Blatt unter Berufung auf US-Regierungskreise.

Irans Revolutionsgarden testeten am Sonntag zunächst Kurzstreckenraketen vom Typ „Tondar“ und „Fateh 110“; Tests mit Mittel- und Langstreckenraketen sollen folgen.

AUF EINEN BLICK

Am 1. Oktober beginnen in Genf entscheidende Gespräche zwischen der Sechsergruppe und iranischen Vertretern über Teherans umstrittenes Atomprogramm. Dass der Iran zuletzt die Existenz einer zweiten Atomfabrik zugegeben hat, die unterirdisch bei der Stadt Qom errichtet wird, hat den Verdacht nur noch weiter verstärkt, dass es dem Mullah-Regime vor allem um militärische, nicht um zivile Atomtechnik geht. Teheran bestreitet dies bisher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2009)

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