Kurz gibt CSU-Chef Seehofer Schützenhilfe

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GERMANY-POLITICS-PARTY-CSU-CONGRESS(c) APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Im Einklang mit der Bayern-Partei warnte der Außenminister in seiner Begrüßungsrede vor dem politischen Islam – und übte scharfe Kritik an der Türkei.

München. Ein Jahr vor der Bundestagswahl in Deutschland war die Stoßrichtung von CSU-Chef Horst Seehofer klar. Die Partei für den Wahlkampf in Stellung zu bringen – das war das erklärte Ziel, als sich der Parteichef und bayrische Ministerpräsident zum Start des CSU-Parteitags am Freitag an die Delegierten wandte. Schützenhilfe erhielt er dafür von einem Gast aus Österreich: Außenminister Sebastian Kurz, den Seehofer „unseren Freund Sebastian“ nannte – war als Begrüßungsredner geladen. Dagegen fand der Parteitag wegen des Streits in der Flüchtlingspolitik zum ersten Mal überhaupt ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) statt.

Kurz verlangte in seiner Rede ein klares und entschlossenes Auftreten der EU gegenüber der Türkei. Bei den aktuellen Verhaftungswellen dürfe Europa nicht wegsehen. „Allem Türkei-Flüchtlingsdeal zum Trotz: Wenn die Opposition eingeschüchtert wird und die Todesstrafe wieder eingeführt werden soll, dann hat diese Türkei definitiv keinen Platz in der EU“, sagte Kurz in seiner gut viertelstündigen, mit starkem Schlussapplaus bedachten Rede.

Gegen den „politischen Islam“

Im vollen Einklang mit den Bestrebungen der bayerischen CSU, die in einem 17-seitigen Leitantrag Maßnahmen gegen den „politischen Islam“ beschließen wollte, nannte Kurz es eine „Pflicht, gegen den politischen Islam polizeilich und ideologisch vorzugehen“. Zwar müsse jeder, der für Religionsfreiheit eintrete, auch anderen das Ausleben seiner Religiosität zugestehen, der Islam in seiner politischen Form sei allerdings die „Basis für Terroristen“. Ließe man ihn gewähren, so „wird sich die Gesellschaft in eine Richtung entwickeln, die wir nicht wollen können“. Kurz sagte, Österreich habe die Finanzierung muslimischer Gemeinschaften durch das Ausland untersagt, um beispielsweise Saudiarabien daran zu hindern, im Inland politischen Einfluss zu gewinnen.

In der Flüchtlingsfrage dankte Kurz der bayerischen Landesregierung und insbesondere Ministerpräsident Seehofer für die „auch lautstarke Unterstützung“ beim Ruf nach Begrenzung der Zuwanderungsströme und bei der Schließung der Balkanroute; „das waren auch für mich persönlich sehr schwierige Zeiten“, sagte Kurz. Er warnte davor, die Mittelmeer-Italien-Route könnte wieder aufleben. Es könnte sein, dass sich Flüchtlinge wieder von dort aus auf den Weg nach Norden begäben: „So lange aber die Rettung im Mittelmeer verbunden bleibt mit einem Ticket nach Mitteleuropa, desto mehr verdienen die Schlepper, desto mehr Menschen verlieren ihr Leben im Meer.“ Aber: „Wer zu uns durchkommt, das müssen wir entscheiden, nicht die Schlepper“, betonte Kurz. Es brauche in der Flüchtlingsfrage „eine ordentliche christlich-soziale, eine ordentliche bürgerliche Politik. Wir dürfen das Thema nicht den Rechten und auch nicht den Linken überlassen“.

Ein Appell ganz im Sinne Seehofers, der allerdings einen schwierigen Spagat wagen musste: Weil die CSU eine erneute Kandidatur Merkels bei den Wahlen im nächsten Jahr wohl unterstützen wird, hieß es neben deutlicher Abgrenzung zur Schwesterpartei CDU auch versöhnliche Töne anzuschlagen. „Gelebte Mitmenschlichkeit gehört für uns zur Staatsräson“, betonte Seehofer also, der Merkel wiederholt scharf wegen ihrer Entscheidung kritisiert hatte, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. „Auch wenn wir mit der einen oder anderen Entscheidung nicht einverstanden sind – wer in unserem Land ist, wird human und menschlich behandelt.“ Gleichzeitig beharrte er auf seiner Forderung nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen – und berief sich auf Papst Franziskus, der in dieser Woche gesagt hatte, ein Land könne nur so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie es integrieren könne.

Gegen Verhandlungen mit der Türkei

Ähnlich scharfe Töne wie Kurz schlug Seehofer zum Thema Türkei an: Mit einem Land, das die Todesstrafe einführen wolle und die Grundrechte mit Füßen trete – „mit einem solchen Land müssen die Verhandlungen für einen EU-Beitritt mindestens unterbrochen werden“, sagte er – und nochmal, um die Botschaft verstanden zu wissen: „mindestens unterbrochen werden“. (pk/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2016)

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