Provinz- und Bezirksvorsitzende der pro-kurdischen Partei sind in Haft. Über Chefredakteur und Mitarbeiter der Zeitung "Cumhuriyet" wurde U-Haft verhängt.
Es sind Neuigkeiten aus der Türkei, wie sie in den letzten Wochen häufig zu hören sind: Festnahmen, Untersuchungshaft, Durchsungen. Präsident Recep Tayyip Erdogan geht nun verschärft gegen die im Parlament vertretene, pro-kurdische Partei HDP vor. Am Samstag sind neuen weitere Funktionäre festgenommen worden. Nach den Festnahmen von Chefradkteur und Mitarbeitern der Zeitung "Cumhuriyet", wurde gegen die betroffenen Personen mittlerweile Untersuchungshaft verhängt.
Bei den verhafteten HDP-Politikern handle es sich unter anderem um Provinz- und Bezirksvorsitzende der Partei in der südöstlichen Region Adana, sagte ein HDP-Funktionär der Nachrichtenagentur Reuters. In der Nacht auf Freitag hatte die türkische Polizei bei Razzien mehrere Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Erdogan beschuldigt die zweitgrößte Oppositionspartei im Parlament, der verlängerte Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Demirtas sprach in einer Erklärung seiner Partei von einem "zivilen Putsch".
U-Haft gegen "Cumhuriyet"-Chefredakteur
Bereits zuvor hatte die türkische Regierung auch Journalisten der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" festnehmen lassen. In Europa fürchtet man eine weitere Anspannung der Lage in der Türkei. Ein Gericht in Istanbul verhängte am Samstag Untersuchungshaft gegen den "Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu und acht seiner Mitarbeiter, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi meldete. Sie waren am vergangenen Montag unter Terrorverdacht festgenommen worden.
"Cumhuriyet" weist den Vorwurf der Komplizenschaft mit Gülen zurück. Man habe im Gegenteil gewarnt, Gülen sei eine Gefahr für die Republik, schrieb das Blatt. Die "Cumhuriyet" hatte den Putschversuch umgehend verurteilt und auch die Gülen-Bewegung und den Terror der PKK immer wieder scharf kritisiert. Doch ebenfalls scharf angegriffen haben die Journalisten die islamisch-konservative AKP-Regierung.
Tränengas bei Solidaritäts-Demo
Die türkische Polizei hat Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten in Istanbul eingesetzt, die als Zeichen der Solidarität zur Redaktion von "Cumhuriyet" ziehen wollten. Tränengaswolken trieben am Samstag im Viertel Sisli, während Polizei-Hubschrauber am Himmel kreisten.
"Cumhuriyet" heißt übersetzt "Republik". Zum ersten Mal erschien das Blatt am 7. März 1924. Der erste Chefredakteur Yunus Nadi war ein guter Freund des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk.
Wegen ihrer streng kemalistisch-laizistischen Blattlinie wurden mehrere "Cumhuriyet"-Journalisten Opfer islamistisch motivierter Anschläge. Zu den bekanntesten Opfern zählen Ugur Mumcu und Ahmet Taner Kislali, die in den neunziger Jahren ermordet wurden.
Das Blatt ist die letzte kritische Zeitung in der Türkei. Für ihre Berichterstattung wurde der Zeitung im September der Alternative Nobelpreis zuerkannt.
(APA/dpa)