Zypern-Gespräche in der Schlussgeraden

Warnschild vor dem Grenzübergang
Warnschild vor dem Grenzübergangimago/Jochen Tack
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Bei den Verhandlungen zwischen Inselgriechen und Inseltürken gibt es große Fortschritte. Für eine endgültige Lösung bedarf es aber einer großen Konferenz, an der auch Athen und Ankara teilnehmen.

Athen. Plötzlich ist es wieder auf der Tagesordnung, das Zypern-Problem. Bei den Schweizer Verhandlungen zu einer Überwindung der Inselteilung könne es zu einem Durchbruch kommen, hieß es am Freitag. Sogar Zyperns Präsident, Nikos Anastasiades, meinte noch Donnerstagabend, die bevorstehenden Gespräche mit Mustafa Akinci, dem Vertreter des türkischen Inselnordens, seien extrem wichtig – allerdings nur für die Vorbereitung einer Lösung, nicht für den endgültigen Durchbruch. Dieser kann nur in einer Fünfer-Konferenz der griechischen und der türkischen Inselgemeinden und der alten Garantiemächte Großbritannien, Türkei sowie Griechenland erreicht werden.

Nach der Wahl von Akinci zum Präsidenten des nur von der Türkei anerkannten Inselnordens im April 2015 kam plötzlich Bewegung in die Zypern-Frage. Er konnte mit den Griechen kooperieren und der altgediente Politiker Anastasiades fand in ihm einen kongenialen Gesprächspartner.

Doch nach 42-jähriger Teilung und türkischer Besatzung des Nordteils ließ sich der zypriotische Knoten nicht schnell lösen. Aber es gab Fortschritte. Erstmals erkannten die Inseltürken das Recht von vertriebenen Inselgriechen an, nicht nur Entschädigung für ihre verlorenen Besitzungen zu erhalten, sondern diese wieder selbst zu beziehen. Dann stand fest, dass die Präsidenten des neuen Bundesstaates mit einem türkischen und einem griechischen Bestandteil im Rotationssystem regieren würden.

Noch wichtiger war die Einigung in der Siedlerfrage. In den Jahrzehnten nach der türkischen Invasion im Sommer 1974 siedelten sich Tausende Türken aus der Türkei im Inselnorden an. Früher hatten die Inselgriechen ihren Abzug von der Insel gefordert. Nun fand man offensichtlich einen Mittelweg. 40.000 Siedler sollen die zypriotische Staatsbürgerschaft, der Rest Anrecht auf Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen erhalten.

So sahen die Gesprächspartner die Zeit gekommen, den zweitschwersten Brocken des Zypern-Problems, die Frage der Gebietsrückgaben an die griechischen Zyprioten, in einer Schweizer Klausur unter UN-Vermittlung zu diskutieren. Die Gespräche waren Freitagabend noch im Gang.

Die Gretchenfrage einer Lösung, die Präsenz der türkischen Besatzungsmacht und die Frage der Sicherheitsgarantien für die – kleine – türkische Gemeinschaft haben sich die Verhandler für die große Friedenskonferenz aufgehoben. Hier sind die Fronten nach wie vor verhärtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2016)

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