Kolumbien: Neuer Anlauf für Frieden mit der Farc-Guerilla

161113 HAVANA Nov 13 2016 Chief negotiator of the Colombian government Humberto de la Cal
161113 HAVANA Nov 13 2016 Chief negotiator of the Colombian government Humberto de la Cal(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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Regierung und Rebellen vereinbaren einen neuen Friedensvertrag. Ob es wieder eine Volksabstimmung darüber geben wird, ist noch offen. Die Guerilla machte Zugeständnisse.

Havanna/Bogotá. In einem neuen Anlauf für einen endgültigen Friedensschluss in Kolumbien haben die Regierung und die Farc-Guerilla ein überarbeitetes Abkommen unterzeichnet. Der Text enthalte Änderungen, Präzisierungen und berücksichtige Vorschläge verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, teilten beide Seiten am Samstag in Havanna mit. Die Kolumbianer hatten das erste Abkommen in einem Referendum verworfen.

Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) und die Regierung hatten sich Ende August nach vierjährigen Verhandlungen auf ein historisches Friedensabkommen geeinigt, um den mehr als 50 Jahre dauernden Konflikt zu beenden. Am 26. September wurde der Vertrag unterzeichnet – doch eine hauchdünne Mehrheit der kolumbianischen Bevölkerung lehnte ihn am 2. Oktober in einem Referendum ab. Daraufhin begannen neue Verhandlungen in Havanna.

Vertreter der Garantiestaaten Norwegen und Kuba verlasen am Samstag in der kubanischen Hauptstadt die gemeinsame Erklärung von Farc und der kolumbianischen Regierung. Demnach soll der neue Vertragstext „ein Kompromiss zwischen allen Kolumbianern sein, der zur Überwindung der Polarisierung beiträgt und alle politischen und sozialen Stimmen vereint“.

„Das ist ein besseres Abkommen“, erklärte Präsident Juan Manuel Santos. „Wir sind davon überzeugt, dass dieses Dokument realisierbare Wege enthält“, sagte der Verhandlungsführer der Regierung, Humberto de la Calle, in Havanna. Farc-Vertreter Iván Márquez sagte, die Guerilla habe im Interesse des Friedens Zugeständnisse gemacht.

Gegner des vorherigen Abkommens hatten Änderungswünsche vorgelegt, die als Grundlage für die neuen Verhandlungen dienten. Am Samstag empfing Staatschef Juan Manuel Santos seinen Vorgänger, Alvaro Uribe, der das Nein-Lager beim Referendum angeführt hatte. Nach dem Treffen sagte Uribe, er habe bei Santos gefordert, dass der neue Vertrag nicht endgültig sei und dass er vor seiner Umsetzung zunächst den Gegnern und den Opfern des Konflikts vorgelegt werde. Ob auch der neue Text einer Volksabstimmung unterzogen wird, haben die Verhandlungsteilnehmer bisher offen gelassen.

Rebellen erstellen Vermögensliste

Regierungsunterhändler de la Calle berichtete von einer Reihe von Änderungen. Zwar soll die umstrittene Sonderjustiz, die maximal acht Jahre Haft oder Arrest für schwere Verbrechen vorsieht, beibehalten werden. Doch werden die Bedingungen für die Haftverbüßung verschärft, und es wird eine Berufungsmöglichkeit gegen die Sondergerichtsentscheidungen geschaffen. Zudem sollen die Rebellen, die zuletzt noch über 5800 Kämpfer verfügten, eine Liste ihres Vermögens erstellen und sich stärker an der Entschädigung der Opfer beteiligen. In der kolumbianischen Hauptstadt, Bogotá, versammelten sich am Samstagabend Dutzende Menschen, um den neuen Vertrag zu feiern. US-Außenminister John Kerry gratulierte als Erster. Der Vertrag habe den Vorteil stundenlanger Gespräche von Befürwortern und Kritikern der ursprünglichen Vereinbarung. „Nach 52 Jahren kann kein Friedensabkommen alle Seiten im Detail zufriedenstellen“, heißt es in einer Erklärung Kerrys. Das Abkommen stelle einen wichtigen Schritt zu einem dauerhaften Frieden dar.

Die Farc-Guerilla hat im Jahr 1964 im Kampf gegen Großgrundbesitzer und die Regierung zu den Waffen gegriffen. In den Konflikt waren neben der Armee auch andere linke Guerillagruppen, rechte Paramilitärs und die Drogenmafia verwickelt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden dabei mehr als 260.000 Menschen getötet, 45.000 Menschen gelten als vermisst. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2016)

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