Der neue Präsident will seinen Schwiegersohn in ein wichtiges Amt hieven und macht keine Anstalten, seine Interessenkonflikte auszuräumen.
Washington. Einen kurzen Spaziergang vom Weißen Haus entfernt liegt das Old Post Office. Im Jahr 2012 erhielt Donald Trump von der US-Regierung den Zuschlag, diesen wuchtigen Historismusbau mit Glockenturm in ein Hotel umzubauen. Doch schon bald ging Trump gegen die Bedingungen dieses Deals vor Gericht. Erstens befand er die Kosten der 60- bis 100-jährigen Pacht für das alte Hauptpostamt der US-Hauptstadt für zu hoch. Statt 91 Millionen Dollar (85 Millionen Euro) wolle er nur 28 Millionen Dollar zahlen. Zweitens weigerte er sich, der Stadt Washington die vorgeschriebene jährliche Grundsteuer von 1,7 Millionen Dollar für die Jahre 2015 und 2016 zu zahlen. Die sei ihm zu hoch, das Hotel habe schließlich erst Ende Oktober, knapp vor der Präsidentschaftswahl, eröffnet.
In beiden Fällen hat Trump vor Gericht verloren. Doch nach seinem Wahlsieg am 8. November kann ihm das egal sein. Denn als Präsident hat er das Recht, einen gefügigen neuen Leiter der General Services Administration zu ernennen, also jener Bundesbehörde, die unter anderem auch den Pachtvertrag über das Old Post Office mit der Trump Organization geschlossen hat. Die Stadt Washington wiederum, deren Budget vom Kongress kontrolliert wird, lässt sich auf diese Weise unter Druck bringen.
Es ist offen, wie Trump nach seiner Angelobung am 20. Jänner mit diesen millionenschweren Streitigkeiten umgeht. Sein bisheriger Umgang mit den zahlreichen schweren Interessenkonflikten, die sich aus seiner Geschäftstätigkeit in den USA und im Ausland ergeben, lässt jedenfalls Zweifel daran zu, dass Trump sich in den nächsten vier Jahren von seinem Unternehmen voll und ganz abwenden und auf die Staatsgeschäfte wird konzentrieren können.
Tochter bewirbt Schmuck
Die Trump Organization mit ihrem Sitz in Manhattan ist im Grund genommen ein Geflecht von rund 500 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in denen alle kommerziellen Unterfangen von Trump, seiner Tochter Ivanka sowie den beiden ältesten Söhnen, Donald Jr. und Eric, laufen: von den Trump-Steaks über Trump-Krawatten bis zu Golfklubs und den Lizenzgebühren für die Verwendung des Markennamens Trump für Hotels und Luxusappartementbauten.
Trumps Vorgänger im Weißen Haus haben es zur guten Gepflogenheit gemacht, ihre Besitztümer in einen Treuhandfonds auszulagern, auf den sie keinen Zugriff haben und über dessen Verwaltung sie nicht einmal informiert werden (man nennt das einen Blind Trust). Damit soll ausgeschlossen werden, dass der Präsident in seiner Amtsführung von persönlichen Geldfragen beeinflusst wird.
Trump hat zwar auch gelobt, die Trump Organization in einen Blind Trust zu legen – doch den sollen weiterhin seine drei ältesten Kinder, Ivanka, Eric und Donald Jr., verwalten. Angesichts der Nähe der drei zu ihrem Vater (sie haben nie außerhalb der Trump Organization gearbeitet) ist es zweifelhaft, dass sie ihn nicht über Investitionsentscheidungen informieren werden. Somit wäre die Funktion des Blind Trust sabotiert.
Wie Tochter Ivanka das Verhältnis zwischen dem Einzug ihres Vaters ins Weiße Haus und ihren persönlichen Interessen sieht, zeigt der Umstand, dass zahlreiche Journalisten unmittelbar im Anschluss an das erste Fernsehinterview der Trumps nach dem Wahlsieg ein E-Mail mit dem Titel „Style Alert“ von ihrer Firma erhielten, in dem auf das Armband ihrer eigenen Schmucklinie verwiesen wurde, welches Ivanka vor laufender Kamera trug (Preis: 10.800 Dollar).
Trump-Flüsterer Jared Kushner
Das mangelnde Verständnis der Trumps für die Trennung zwischen Staatsamt und Familienbande wird auch durch den Bericht des „Wall Street Journal“ illustriert, wonach Trump seinen Schwiegersohn Jared Kushner als Sonderberater im Weißen Haus zu installieren gedenkt. Kushner, 35-jähriger Sohn einer milliardenschweren New Yorker Immobiliendynastie und Enkel weißrussischer Holocaust-Überlebender, hat Trumps chaotische Wahlkampforganisation professionalisiert und gilt neben Ivanka als engster Vertrauter.
Wie sich Trumps Präsidentschaft positiv auf seine Geschäfte auswirken kann, zeigt eine andere Nachricht aus dem „Wall Street Journal“. Am Sonntag habe ein chinesisches Gericht überraschend einen langen Rechtsstreit über den Schutz des Markennamens Trump in China zu seinen Gunsten entschieden – einen Tag, bevor Trump erstmals mit Chinas Staatspräsidenten, Xi Jinping, telefonierte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2016)