Russland verhaftet wieder angebliche ukrainische Terroristen auf der Krim. In Kiew gedachte man der Maidan-Demonstrationen, die am Montag vor drei Jahren begannen. Die Regierung steht unter hohem Druck.
Warschau/Kiew. Kein Glück haben der ukrainische Spielwarenhändler Alexej Stognij und sein Landsmann Gleb Schablij. Ausgerechnet zum dritten Jahrestag des Maidan wurden die beiden am Montag auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim wegen Verdachts auf Terrorismus verhaftet. Die früheren ukrainischen Flottenoffiziere aus Sewastopol sollen laut russischem Geheimdienst mit drei weiteren Ukrainern Anschläge auf russische Militäreinrichtungen geplant haben. Als Beweis zeigte das vom Kreml gelenkte Staats-TV Rossija 1 Waffen, Sprengstoff und einen Ausweis der nationalistischen Gruppierung Rechter Sektor.
Der Rechte Sektor gilt in Russland schon seit Beginn der Maidan-Revolution von 2013/14 als Symbol für alles Schlechte aus der Ukraine. Indes sind nationalistische Gruppierungen wie der Rechte Sektor heute weit davon entfernt, die angeblich „faschistische Junta in Kiew“ zu unterstützen, wie die demokratisch gewählte Regierung von der Kreml-Propaganda genannt wird. Das zeigte am Rande der Kiewer Gedenkfeiern zum dritten Jahrestag des Maidan am Montag auch ein Protestmarsch von Unterstützern des nationalistischen Freiwilligenbataillions Asow. Wütend zogen rund 3000 Demonstranten vor den Präsidentenpalast und forderten von Petro Poroschenko Erklärungen zu seinem Reichtum, der Armut der meisten Ukrainer und den Minsker Friedensverträgen. Letztere werden von immer mehr Ukrainern abgelehnt, denn im Donbass kommt es trotz Waffenstillstands fast täglich zu Todesopfern.
Politiker deklarierten Besitz
Die Unzufriedenheit in der Ukraine ist drei Jahre nach dem Beginn der Maidan-Revolution mit Händen zu greifen. Außer der EU-Assoziierung konnte bisher keine der zentralen Forderungen des Maidan erfüllt werden. Nach wie vor grassiert die Korruption, die Macht der Oligarchen ist ungebrochen, noch sitzen vor allem Millionäre im Parlament.
Die jüngst erstmals publizierten Eigentumsdeklarationen der Parlamentarier und höheren Staatsbediensteten zeigten unter anderem, dass sich das Vermögen Poroschenkos vervielfacht hat. Mit rund 850 Millionen Dollar ist der Staatspräsident der sechstreichste Ukrainer. Dies stößt den Bürgern besonders nach neuen Preiserhöhungen für Warmwasser und Heizung auf. Die Heizungspreise verdoppelten sich fast. Zudem fordert der Internationale Währungsfonds nun noch eine äußerst unpopuläre Pensionsalterserhöhung.
Kredite für den maroden Staat hatten vor genau drei Jahren auch zum Maidan geführt. Bedrängt von Russland verweigerte der damalige Präsident, Wiktor Janukowitsch, seine Unterschrift unter ein bereits zu Ende verhandeltes EU-Assoziierungsabkommen und zog einen Milliardenkredit des Kreml der EU vor. Enttäuschte Studenten besetzten am 21. November 2013 den zentralen Kiewer Unabhängigkeitsplatz, den sogenannten Maidan. Innerhalb von Tagen wuchs die Zahl der Protestierenden auf Hunderttausende an. Im Jänner 2014 feuerten Janukowitschs Sicherheitskräfte die ersten Schüsse auf Demonstranten ab, Ende Februar flüchtete Janukowitsch nach Russland. Im Mai 2014 wurde Poroschenko mit 55 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Heute hat seine Partei in Umfragen noch rund zehn Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2016)