Das Weiße Haus ist nach Trumps Taiwan-Annäherung auf Schadensbegrenzung aus. Chinas Medien fordern eine harte Gangart gegenüber dem neuen US–Präsidenten.
Wien/Peking. Auch wenn Chinas Führung in den vergangenen Tagen versuchte, Gelassenheit zu demonstrieren: Es brodelt hinter den Kulissen. So sehr, dass das Weiße Haus am Montag zu beschwichtigen versuchte: Die USA hielten sich weiter an die sogenannte Ein-China-Politik, sagte Sprecher Josh Earnest. Sie habe seit 40 Jahren dazu gedient, den Frieden zwischen China und Taiwan zu bewahren. Und er mahnte den designierten US-Präsidenten: „Fortschritte, die wir in unserer Beziehung mit China gemacht haben, könnten durch das Aufkeimen dieser Angelegenheit zunichtegemacht werden.“
Auch Taiwans Staatschefin, Tsai Ing-wen, die Donald Trump am Freitag zum Wahlsieg gratuliert hatte, ruderte zurück: Ein Gespräch bedeute noch keine Polit-Neuausrichtung, sagte sie. Doch allein, dass der Baumilliardär das Telefonat annahm, bedeutete für die KP-Führung, die die de facto politisch eigenständige Insel als abtrünnige Provinz betrachtet, einen Tabubruch. Nach Beteuerungen, Trump habe schlicht Gratulationen angenommen, schürte die Schimpftirade des Twitter-Königs über Chinas Währungsmanipulationen und Territorialansprüche im Südchinesischen Meer Zweifel an der Theorie des ahnungslosen Politikers: Trumps engste Berater hatten offen eine härtere Gangart in der Taiwan-Frage gefordert.
Druckmittel in Verhandlungen
Die nächste US-Regierung könnte Taiwan zudem als Druckmittel einsetzen, um China zu wirtschaftlicher und politischer Kooperation zu zwingen, etwa im Umgang mit Nordkorea. Der neu aufflammende Konflikt würde damit dem Streben der Inselregierung nach internationaler Anerkennung – nur 22 Länder erkennen Taiwan als Staat an – weiter schaden.
Selbst Chinas Staatsmedien, die Trumps Schritt zuerst mit seiner Unerfahrenheit entschuldigten, schlugen am Dienstag härtere Töne an. Sie drohten mit Konsequenzen, sollte Trump nach seiner Angelobung weiter unüberlegt handeln. Er müsse einsehen, dass er sich selbst schade, wenn er Probleme in den US-chinesischen Beziehungen provoziere, hieß es im Leitartikel der „Volkszeitung“: So könne „Amerika nicht wieder groß werden“. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Washington und Peking sei für den weltweiten Frieden und Wohlstand entscheidend, kommentierte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Einen härteren Standpunkt vertrat die nationalistische „Global Times“: China dürfe keine Schwäche zeigen. Milde Töne würden Trump nur zu mehr Aggressivität ermutigen. Ohnehin seien die USA nicht vom großen Machtspiel der Welt ausgenommen: Sie hätten nicht genug Ressourcen, um mit der zweitgrößten Weltwirtschaft, einer Nuklearmacht, mutwillig Spielchen zu treiben. (maka)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2016)