Berisha: „Albanien will den Euro übernehmen“

(c) Reuters (Patrick Andrade)
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Premier Berisha im Gespräch mit der "Presse" über ehrgeizige Pläne seiner neuen Regierung, die Krise und die Angst vor „Großalbanien“.

„Die Presse“: Ihre neue Regierung ist seit drei Wochen im Amt. Was sind Ihre wichtigsten Vorhaben?

Sali Berisha: Wir müssen jede nötige Reform durchführen und jedes nötige Gesetz beschließen, um dieses Land so zu verändern, dass es bereit für eine volle EU-Integration wird. Und wir sollten Verhandlungen über eine Übernahme des Euro starten. Zwar hilft der starke Euro unseren Exporten. Aber allen anderen Bereichen unserer Wirtschaft schadet er.

Albanien ist nicht EU-Mitglied. Wie wollen Sie den Euro übernehmen?

Berisha: Wenn die Wirtschaftskrise nicht gekommen wäre, würden wir nicht daran denken. Unsere Währung ist gegenüber dem Euro acht bis zehn Prozent schwächer geworden. Wir haben keinen Zeitplan für den Euro. Aber ich denke, dass einfach Gespräche darüber gestartet werden müssen. Natürlich wird Brüssel nicht sehr erfreut darüber sein. Dort will man von solchen Initiativen nichts hören.

Wie schlimm ist Albanien von der Wirtschaftskrise betroffen?

Berisha: Wir sind mit der Krise besser klargekommen als andere. Die Staatseinnahmen sind in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen. Wir haben in diesem Jahr im Tourismus einen Zuwachs von 36 Prozent. Aber die Exporte sind zurückgegangen, um etwa zwölf Prozent.

Sind die Balkanländer in der EU überhaupt noch willkommen, gerade jetzt in der Wirtschaftskrise?

Berisha: Man braucht derzeit 27 Schlüssel, um das Tor in Brüssel zu öffnen. Das ist nicht einfach. Doch der Prozess der EU-Integration des Westbalkans ist irreversibel. Natürlich herrscht in der Union hier nicht mehr so viel Euphorie. Aber die EU hat den Ländern unserer Region versichert, dass sie ihr Versprechen einhält.

Die EU kritisiert in Albanien ganz spezifische Probleme: etwa Korruption, Probleme im Justizwesen.

Berisha: Das sind sehr ernste Bedenken. Die EU hat recht, wenn sie den Kampf gegen die Korruption einfordert. Aber die Korruptionsindizes der vergangenen Jahre zeigen auch, dass wir uns verbessert haben und der Kampf gegen die Korruption Resultate bringt.


Sie sind jetzt eine Koalition mit Ilir Meta eingegangen. Dabei haben Sie einander früher vorgeworfen, korrupt zu sein und zur Mafia zu gehören. Wie geht das?

Berisha: Das Wahlresultat hat diese Koalition diktiert. Ich wollte keine Neuwahlen und hatte also nur zwei Optionen: Herrn Meta oder Herrn Edi Rama von den Sozialisten. Ich entschied mich für Meta. Denn wenn ich mit Rama eine Koalition gemacht hätte, hätte es in der Opposition nur vier Abgeordnete gegeben – doch das Land braucht eine starke Opposition.

Aber diese starke Opposition rund um Rama erkennt das Wahlergebnis nicht einmal an und will die Arbeit im Parlament boykottieren.

Berisha: Das ist schade. Denn alle internationalen Beobachter haben bestätigt, dass bei der Wahl der Großteil der OSZE-Bestimmungen erfüllt wurde. Es ist schwer für mich zu glauben, dass aus den Sozialisten eine außerparlamentarische Partei wird. Sie werden Schritt für Schritt zurückkehren.


Die enge Kooperation zwischen Albanien und dem Kosovo – und die neu gebaute Autobahn zwischen beiden Ländern – nährt alte Ängste vor einem „Großalbanien“.

Berisha: Das ist altes, archaisches Denken. Wenn Länder beschließen, miteinander enger zusammenzuarbeiten, bedeutet das nicht den Zusammenschluss des Territoriums. Die neue Autobahn verbindet den Kosovo mit dem Meer. Sie ist auch wichtig für den Tourismusboom in Albanien und eine wichtige Verbindung für Serbien und Mazedonien.

AUF EINEN BLICK

Sali Berishavon der konservativen Demokratischen Partei hat ein Regierungsbündnis mit der linken Kleinpartei von Expremier Ilir Meta geschlossen.

Österreichs Außenminister Spindelegger reist am Donnerstag nach Albanien. Österreich ist ein wichtiger Investor in den Bereichen Banken und Wasserkraft. [EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2009)

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