Die Menschen warteten seit der Nacht auf Evakuierung. Doch es gab erneut schwere Gefechte. Die syrische Regierung zog bereitgestellte Busse für die Evakuierung wieder ab.
Um das letzte kleine Stück Aleppo, wird weiter intensiv gekämpft. Eine Evakuierung der Viertel findet vorerst nicht statt. Eine vereinbarte Feuerpause zwischen Regierungstruppen und eingekesselten Rebellen ist zusammengebrochen. Das meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London.
"Die Gefechte sind heftig und auch die Bombardements, es scheint dass alles (die Feuerpause) beendet ist", sagte der Direktor der Beobachtungsstelle in London, Rami Abdulrahman. Sogar von Luftangriffen ist die Rede. Aktivisten berichteten ebenfalls von Angriffen regierungstreuer Truppen.
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf ihren Korrespondenten, syrische Regierungstruppen und mit ihr verbündete schiitische Milizen hätten die Waffenruhe durchbrochen. Sie hätten begonnen, den belagerten Teil mit schweren Waffen zu beschießen.
Wie die russische Nachrichtenagentur Tass mit Verweis auf das russische Verteidigungsministerium meldete, hätten Rebellen versucht, die Belagerung der syrischen Truppen zu durchbrechen. Der Versuch sei zurückgeschlagen worden.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor unter Berufung auf Rebellenvertreter und Augenzeugen berichtet, ein Beschuss durch die syrischen Truppen sei nach einer halben Stunde beendet worden.
Evakuierung könnte sich verzögern
Im zwischen Rebellen und syrischen Regierungstruppen geteilten Viertel Salaheddin warteten drei Stunden nach dem geplanten Beginn der Evakuierung (um 4 Uhr MEZ) weiterhin etwa 20 Busse. Zivilisten oder Rebellen waren aber nicht zu sehen. Nachdem die Gefechte wieder ausgebrochen waren, zog die Regierung die Busse wieder ab. Aus regierungstreuen Kreisen hieß es am Mittwoch, dies signalisiere, dass die Abmachung zwischen Regierung und Rebellen zum Abzug gescheitert sein könnte.
Rebellen kontrollieren 2,5 Quadratkilometer
Die Rebellen in Ost-Aleppo kontrollieren laut einer Meldung von Interfax nur noch 2,5 Quadratkilometer der Stadt. Die russische Nachrichtenagentur berief sich am Mittwoch dabei auf das Verteidigungsministerium in Moskau.
In den letzten von den Rebellen gehaltenen Gebieten von Ost-Aleppo, insbesondere im Viertel al-Mashad, warteten seit 5 Uhr zahlreiche Zivilisten auf Neuigkeiten über die Busse. Viele von ihnen hatten die Nacht unter freiem Himmel verbracht, weil sie wegen der Zerstörungen in der nordsyrischen Stadt obdachlos sind.
Die Evakuierung Ost-Aleppos könnte sich bis Donnerstag verzögern, sagten Oppositionsvertreter. Sie machten den Iran und schiitische Milizen, die mit dem Regime von Bashar al-Assad verbündet sind, für die Verzögerung verantwortlich.
"Die Iraner lehnen die mit Russland erzielte Vereinbarung ab und jetzt greifen sie uns an", erklärte der hochrangige Vertreter der Rebellengruppe Fastaqim, Zakaria Mahifyi, gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE.
Türkei attackiert Assad
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat ein Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin wegen Aleppo angekündigt. Die von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen hätten die vereinbarte Waffenruhe verletzt, sagt Erdogan am Mittwoch. Präsident Bashar al-Assad begehe in Ost-Aleppo Kriegsverbrechen.
"Wir sehen jetzt, dass das Regime und manche Gruppen versuchen, sie zu verhindern", sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch in Ankara. Daher sei es zu Verzögerungen bei den geplanten Evakuierungen gekommen. "Aus verschiedenen Richtungen kommt es zu Störfeuer. Bisher konnten die Evakuierungen nicht vollständig stattfinden."
Rebellen greifen Dörfer in Idlib an
Syrische Rebellen beschossen unterdessen zwei von ihnen belagerte schiitische Dörfer in der Provinz Idlib. Nach Informationen von Kriegsbeobachtern gab es dabei Opfer. Die Belagerung der beiden Dörfer Foua und Kefraya hatte der mit Syriens Regierung verbündete Iran zum Anlass genommen, die Evakuierung Ost-Aleppos zu stoppen.
(APA/dpa/Reuters/EFE)