Straßensperren und Schüsse bringen den Abtransport von Kämpfern und Zivilisten zum Erliegen. Das Rote Kreuz geht davon aus, dass die vollständige Evakuierung noch Tage dauern werde.
Die Evakuierung aus Aleppo ist am Freitag offenbar unterbrochen worden. Ein syrischer Funktionär sprach von "Behinderungen". Nach einem Bericht des syrischen Staatssenders Ikhbariya hätten die abziehenden Rebellen versucht, im Zuge der Evakuierung Gefangene mitzunehmen - und damit Auflagen für den kampflosen Abzug verletzt. Ebenso dürfte es zu Beschuss durch Aufständische gekommen sein. An der Straße, an der Busse Ost-Aleppo verließen, seien Explosionen zu hören gewesen, sagte eine vor Ort befindliche Person der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag.
Ein von der Hisbollah kontrolliertes Medium berichtete zudem von Straßensperren, das Bewohner errichtet hätten. Die Demonstranten würden damit die Evakuierung der Bewohner zweier schiitischen Dörfer in der Provinz Idlib verlangen, die von den Rebellen belagert werden.
In der Früh war die Evakuierung der bisher von syrischen Rebellen gehaltenen Stadtteile Aleppos noch vorangekommen. Fast 8000 Zivilisten hätten die Gebiete in mehreren Konvois verlassen können, teilte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Freitag mit. Mit den ersten fünf Konvois seien mehr als 7000 Personen in Sicherheit gebracht worden. Ein sechster Konvoi sei unterwegs.
Augenzeugen berichteten am Freitagmorgen, dass noch Tausende bei Wintertemperaturen auf Busse, die sie aus der Stadt bringen sollen, warteten. "Das Problem ist, dass nicht viele Busse kommen", sagte Ibrahim al-Haj von der Rettungsorganisation Weißhelme. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hatte am Donnerstag erklärt, die Evakuierung könne noch Tage dauern.
Im Osten Aleppos sitzen nach Angaben des UNO-Sondergesandten Staffan de Mistura immer noch etwa 50.000 Menschen fest. Die Zivilisten sollen in den Westteil der Stadt gebracht werden, die Aufständischen und ihre Familien in die Rebellenprovinz Idlib. Nach monatelangen Gefechten und Bombardierungen erklärten die Truppen von Staatschef Bashar al-Assad ihren Sieg in Aleppo.
Mangel an Nahrung und Trinkwasser
Die Konfliktparteien hatten sich am Mittwochabend auf den Abzug von Kämpfern und Zivilisten aus Aleppos Rebellengebieten geeinigt. Eine erste am Dienstag getroffene Einigung war zunächst nicht umgesetzt worden.
In Ost-Aleppo halten sich noch Zehntausende Menschen auf, von denen viele in zerbombten Häusern untergekommen sind. Wegen einer monatelangen Blockade wird die humanitäre Lage dort immer katastrophaler. Es fehlt akut an Trinkwasser, Nahrung und medizinischer Versorgung. Weil es kaum Strom und Treibstoff gibt, können die Menschen trotz der Wintertemperaturen nicht heizen.
Aleppo gehörte im rund fünfeinhalb Jahre dauernden Krieg zu den am heftigsten umkämpften Orten. Regierungstreue Truppen konnten seit Beginn einer Offensive im November den allergrößten Teil der bisher von Rebellen gehaltenen Stadtteile im Osten Aleppos erobern.
(APA/Reuters/dpa)