Anti-Minarett-Initiative: Kampagne diffamierend

Anti-Minarett-Initiative
Anti-Minarett-Initiative(c) www.minarette.ch
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Am 29. November stimmt die Schweiz über ein Minarett-Verbot ab. Derzeit dreht sich die Diskussion um ein Plakat mit einer verhüllten Frau und einer von Minaretten durchsetzten Schweizer Flagge.

Schon Wochen bevor die Schweizer über ein Bauverbot für Minarette abstimmen, gehen die Wellen hoch: Aktueller Anlass ist ein Plakat der Anti-Minarett-Initiative, auf dem eine verhüllte Frau vor einer von Minaretten durchsetzten Schweizer Flagge zu sehen ist. Auf der Homepage der Initiative wird die Schweiz von einem Minarett aufgespießt. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) übte harsche Kritik an dem Plakat, das Vorurteile nähre, pauschalisierend sei und den Islam als negativ bedrohend darstelle. Basel, Lausanne, Freiburg und Yverdon haben das Aufhängen des Sujets verboten, Genf, Zürich, Luzern und St. Gallen hingegen erlauben es. Mehrere Verlage und Zeitungen wollen die Inserate nicht publizieren.

Der Grundton der Kritik: Die SVP-Plakate suggerieren, dass von der hiesigen muslimischen Minderheit eine Gefahr ausgehe und man diese fürchten müsse. Es entstehe der Eindruck, dass die Muslime die Schweizer Bevölkerung beherrschen wollten, Frauen unterdrückten und die Grundrechte missachteten, so die EKR. Dies komme einer Diffamierung der friedlichen muslimischen Schweizer Bevölkerung gleich und sei für den sozialen Zusammenhalt nicht förderlich.

Die Plakatverordnung erlaube keine Plakate, die "gezielt rassistische Ideologien verbreiten, indem beispielsweise Gruppen aufgrund körperlicher oder kultureller Eigenarten oder ethnischer, nationaler oder religiöser Zugehörigkeit hierarchisiert werden", sagte André Frauchiger, der Sprecher des Bau- und Verkehrsdepartements in Basel.

Die Kampagne der SVP
Die Kampagne der SVP(c) www.minarette.ch

SVP kritisiert "Zensur" der EKR

Die Junge SVP übte bereits vor Bekanntwerden der Stellungnahme massive Kritik an der EKR. "Eine demokratisch nicht legitimierte Kommission spielt sich zu einer Zensurbehörde auf, wie man es nur aus kommunistischen Staaten oder aus dem Dritten Reich her kennt."

Wer sich gegen die Islamisierung Europas wehre und für "die Verteidigung der christlich-abendländischen Identität Europas" einsetze, werde "vom politischen Establishment diffamiert und diskriminiert", erklärte der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer am Donnerstag zu der Kontroverse um die Anti-Minarett-Initiative. Die Vorgänge in der Schweiz findet Mölzer "symptomatisch für ganz Europa".

EKR: "Kein Freipass für Hasspredigten"

Kommissionspräsident Georg Kreis sagte, dass der Zensurvorwurf im Zusammenhang mit dem Verbot der Plakate ins Leere ziele. "In einer Demokratie gibt es keinen Freipass für Hasspredigten und für die Diffamierung von Minderheiten", betonte er.

Die Kampagne der EDU
Die Kampagne der EDU(c) REUTERS/Michael Buholzer

Auf Distanz zu den SVP-Plakaten ging auch die rechtsgerichtete Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU), die das Minarett-Verbot unterstützt, dabei aber "fair und sachlich" bleiben wolle. Die Volksinitiative richte sich gegen das Minarett als Symbol des Machtanspruchs eines eroberungswilligen Islams, "nicht aber gegen die Muslime als Menschen", teilte die EDU am Mittwoch in einer Aussendung mit. Die Initiative sei auch eine Chance für die Wahrung und Respektierung der Glaubens- und Meinungsfreiheit. "Zur Ausübung des Glaubens braucht es keine Türme." Die Plakate der EDU zeigen eine Fotomontage mit Dorfplatz, Häuserzeile, Minarett und dem Slogan "Es geht auch ohne Minarette! JA zur Volksinitiative 'Gegen den Bau von Minaretten'".

Abstimmung am 29. November

Das von der rechtsnationalistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) initiierte Volksbegehren kommt am 29. November zur Abstimmung. Der Abstimmungstext besteht aus einem einzigen Satz, der dem Artikel 72 der Bundesverfassung zu Kirche und Staat beigefügt werden soll: "Der Bau von Minaretten ist verboten." Derzeit gibt es in der Schweiz vier Minarette.

Laut dem Schweizer "Tagesanzeiger" dürfte das Abstimmungsresultat eher knapp werden: 51 Prozent lehnten die Anti-Minarett-Initiative derzeit ab, nur 35 Prozent stimmten ihr zu, ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Isopublic" im Auftrag des Blatts.

(Ag./Red.)

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