Bosnien: „EU braucht Entschlossenheit“

(c) AP (Amel Emric)
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Lajcák und Petritsch diskutieren Auswege aus Bosniens Krise.

WIEN (red.). Der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina hat keinen leichten Job: Einerseits muss er dafür sorgen, dass das Dayton-Abkommen, das dem Land 1995 den Frieden gebracht hat, eingehalten wird. Andererseits soll er zugleich als EU-Sonderbeauftragter Bosniens Weg in die Union unterstützen. Doch just die Dayton-Verfassung, die das Land in die Bosniakisch-Kroatische Föderation und die Serbische Republik teilt, ist ein Hindernis auf diesem Weg. Der Balkanstaat könne mit diesen komplizierten Strukturen nicht beitreten, heißt es im jüngsten EU-Fortschrittsbericht. Bosniens Hoher Repräsentant Valentin Inzko kämpft derzeit mit bosnischen Politikern sowie Vertretern von EU und USA um eine Reform der Verfassung.

Ein Problem sei, dass die internationale Gemeinschaft in Bosnien oft eine klare Linie vermissen lasse, meinten nun zwei von Inzkos Vorgängern, der slowakische Außenminister Miroslav Lajcák und der österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch, bei einer Veranstaltung des „Instituts für die Wissenschaften vom Menschen“ (IWM) und der „Presse“. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion vom bulgarischen OsteuropaExperten Ivan Krastev (IWM) und „Presse“-Außenpolitikredakteur Wieland Schneider. Darüber, wie die neuen staatlichen Strukturen Bosniens aussehen sollen, herrscht international keine Einigkeit. Ja, sogar in der EU selbst kommt man auf keinen gemeinsamen Nenner. Die schwedische EU-Präsidentschaft möchte so rasch wie möglich das Büro des Hohen Repräsentanten auflösen und die internationale Schutztruppe Eufor abziehen. Andere EU-Staaten sind dagegen.

Zahnlose Bonn Powers

Ohne entschlossenes gemeinsames Auftreten sei es aber kaum möglich, Bosniens Politiker zur Annahme einer neuen Verfassung zu bewegen, meinten die Diskutanten. Der Premier der bosnischen Serben, Milorad Dodik, lehnt jede Bestimmung ab, die dem serbischen Landesteil etwas von seiner Eigenständigkeit nehmen könnte. Und der bosniakische Politiker Haris Silajd?i? fordert wiederum eine Zentralisierung des Staates.

Theoretisch könnte der Hohe Repräsentant mit seinen Vollmachten (Bonn Powers) beide Politiker ihres Amtes entheben. Politisch wäre so etwas aber nicht durchsetzbar. „Die Bonn Powers sind noch da. Aber man kann sie nicht mehr gegen die einsetzen, die es verdienen würden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2009)

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