Europas Rechte feiern Schweizer Minarett-Verbot

Minarett-Verbot: Europas Rechte im Freudentaumel
Minarett-Verbot: Europas Rechte im Freudentaumel(c) EPA (Jens Steiner)
  • Drucken

Die französische Front National begrüßt das Minarett-Verbot in der Schweiz, ebenso die italienische Lega Nord, Die populistische Partei von Geert Wilders will ein Referendum gegen Minarette auch in den Niederlanden.

Der französische Außenminister Bernard Kouchner hat sich am Montag schockiert über das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung zum Bau von Minaretten gezeigt. "Wenn man keine Minarette mehr bauen kann, dann bedeutet es, dass man eine Religion unterdrückt", sagte Kouchner dem Sender RTL. "Es ist ein Ausdruck von Intoleranz, und ich verabscheue Intoleranz", fügte er hinzu.

Frankreichs Rechsextreme jubeln

Die rechtsextreme Partei Front National begrüßte dagegen das Abstimmungsergebnis. "Die sogenannten Eliten sollten endlich aufhören, die Befürchtungen der Menschen in Europa zu ignorieren", hieß es in einer Mitteilung. Es ginge nicht darum, die Religionsfreiheit einzuschränken, aber man wolle keine auffälligen Symbole, die politisch-religiöse Muslime der Gesellschaft aufzwingen wollten, hieß es weiter.

In Frankreich hängt der Moscheebau von den kommunalen Behörden ab. Manche Bürgermeister lassen den Bau neuer Moscheen nur zu, wenn sie auf das Minarett verzichten. In anderen Fällen begnügt man sich mit einem symbolischen Minarett, das im Stadtbild nicht auffällt.

In Straßburg wurde in der vergangenen Woche die Kuppel einer neuen Moschee vollendet. Ob sie das ursprünglich geplante 30 Meter hohe Minarett bekommt, ist noch unklar. In Marseille soll demnächst eine Moschee mit zwei je 25 Meter hohen Minaretten gebaut werden. Das bislang höchste Minarett in Frankreich ist das der Großen Moschee von Paris mit 33 Metern.

Wilders will Minarett-Referendum

Aufwind für die rechten Moschee-Gegner aufgrund des Schweizer Votums
Aufwind für die rechten Moschee-Gegner aufgrund des Schweizer Votums(c) EPA (Jens Steiner)

Nach der Ablehnung neuer Minarette bei der Volksabstimmung in der Schweiz fordern nun auch die Rechtspopulisten in den Niederlanden einen Baustopp für muslimische Gebetstürme. Die Holländer würden genauso abstimmen wie die Schweizer, sagte der Vorsitzende der Partei für die Freiheit (PVV), Geert Wilders. Die Partei des Islam-Kritikers wolle daher eine Gesetzentwurf für ein Minarett-Referendum einbringen, berichtete die Zeitung "De Telegraaf" am Montag. Die Regierungsparteien der Christ- und Sozialdemokraten lehnten dies umgehend ab.

Wilders lobte das Votum der Schweizer als Durchbruch: "Zum ersten Mal haben sich Menschen in Europa der Islamisierung widersetzt", sagte er der konservativen Zeitung. Die PVV ist in den letzten Jahren mit islamfeindlichen Parolen immer stärker geworden. Unter anderem verlangt sie, die Einwanderung von Muslimen und den Bau weiterer Moscheen zu verbieten.

Im Juni hatte die PVV unter anderem mit solchen Forderungen vier der 25 niederländischen Mandate im Europäischen Parlament gewonnen. Laut Umfragen würde sie bei neuen Wahlen sogar zweitstärkste politische Kraft nach der regierenden Christdemokratischen Partei CDA werden und deren sozialdemokratischen Koalitionspartner Partei der Arbeit (PvdA) überholen. Von den 16,5 Millionen Einwohnern der Niederlande sind rund eine Million Muslime, meist marokkanischer oder türkischer Herkunft.

"Zivilisationslehre" der Schweizer

Italiens Vizeminister für Infrastruktur, Roberto Castelli, Spitzenpolitiker der Regierungspartei Lega Nord, fordert, dass die italienische Flagge ein christliches Kreuz zeigen soll. "Die Schweizer erteilen uns wieder einmal eine Zivilisationslehre. Man muss ein starkes Signal setzen, um die pro-islamische Ideologie zu stoppen. Die Lega Nord sollte mit einem Gesetzesentwurf zur Verfassungsreform die Einführung des Kreuzes auf die italienische Fahne verlangen", sagte Castelli nach Medienangaben vom Montag.

"Europa hat das Recht, seine eigene Identität zurückzufinden, die wir vollkommen verloren haben. Man muss andere Religionen respektieren, doch wir müssen auch zurück zu unserem Glauben", sagte Castelli.

Freiheitliche gratulieren

"Ich gratuliere der Schweizer Bevölkerung und der Schweizerischen Volkspartei zu diesem zukunftsweisenden Ergebnis", sagte heute der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl zum Volksentscheid gegen den Bau von Minaretten. Damit habe die Schweizer Bevölkerung ein klares Zeichen für die eigene Kultur und Tradition und gegen falsch verstandene Toleranz gesetzt, analysierte Kickl den klaren Ausgang des Referendums. "Österreich ist ein von Christentum in Verbindung mit den Errungenschaften der Aufklärung geprägtes Land und soll es auch bleiben", sagt Kickl.

"Beleidigung" für alle Muslime

Der ägyptische Großmufti Ali Gomaa hat das Bauverbot für Minarette in der Schweiz als "Beleidigung" für alle Muslime kritisiert. Wie die ägyptische Nachrichtenagentur MENA am Montag berichtete, nannte Gomaa das in einer Volksabstimmung durchgesetzte Verbot einen Angriff auf die Religionsfreiheit. Der Großmufti, einer der höchsten islamischen Würdenträger, rief die Muslime in der Schweiz dazu auf, mit legalen Mitteln gegen das Verbot zu demonstrieren und sich im gesellschaftlichen Dialog zu engagieren.

Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach, sieht auch in Deutschland eine wachsende Furcht der Bevölkerung vor einer Islamisierung. Nach der Entscheidung der Schweizer sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung vom Montag, die Schweizer Entscheidung müsse deshalb auch hierzulande ernst genommen werden und dürfe nicht hochmütig kommentiert werden. Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer auch in Deutschland weit verbreiteten Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft, sagte Bosbach.

ÖVP-Fekter: "Grundsätzlich Religionsfreiheit"

Die österreichische Innenministerin Maria Fekter sagte: "In Österreich ist es so, dass wir grundsätzlich Religionsfreiheit haben. Und zur Religionsfreiheit gehören auch Gotteshäuser." In Österreich werde diese Frage durch "die örtliche Raumplanung" entschieden.

Die schweizerische Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die ebenfalls an dem Treffen der EU-Minister teilnahm, sagte: "Ich werde erklären, dass die Abstimmung die Minarette betroffen hat, aber selbstverständlich nicht die muslimische Gemeinschaft." Die Schweiz sei weiterhin an einer "interreligiösen Zusammenarbeit interessiert und dass wir den Religionsfrieden in der Schweiz weiterhin sehr hoch halten wollen". Das Votum bei der Volksabstimmung sei "nicht eine Abstimmung gegen den Islam" gewesen, sondern "eine Abstimmung, die sich gegen fundamentalistische Ausprägungen richtete".

(Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Religion

Eser Akbaba: „Also ich persönlich brauche kein Minarett“

ORF-Moderatorin Eser Akbaba im Gespräch mit der "Presse" über Ausländerfeindlichkeit unter Ausländern, Straches kluge Strategien, laszive Jung-Türken und Selbstironie unter Migranten.
Anti-Minarett-Plakat
Außenpolitik

Weitere Klagen gegen Schweizer Minarettverbot

Vier muslimische Organisationen wenden sich an den Europöischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Richter sollen die Vereinbarkeit des Minarettverbots mit der Menschenrechtskonvention prüfen.
Ansicht des Minaretts der Moschee in Rendsburg, Schleswig-Holstein, fotografiert am Dienstag, 1. Deze
Religion

Minarette: Tiroler FPÖ fordert Bauverbot

Die Tiroler FPÖ will noch im Dezember einen Antrag im Landtag für ein Minarett-Verbot einbringen. Nach Vorarlberger und Kärntner Vorbild will die Tiroler Blauen mit der "Erhaltung des Ortsbildcharakters" argumentieren.
Politik

"Minarett passt kulturell nicht in unser Landschaftsbild"

livechat Nachlese des Streit-Chats: FP-Chef Heinz-Christian Strache und der Integrationsbeauftragte der islamischen Glaubensgemeinschaft, Omar al-Rawi über Gotteshäuser und Fehlentwicklungen bzw. Ängste bei der Integration.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.