Angola: Vergessener Krieg im neuen Öldorado

(c) AP (Darko Bandic)
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Der Konflikt im ölreichen Cabinda schwelt seit drei Jahrzehnten. Zum Afrika-Cup wurde das Land wieder daran erinnert. In der Exklave leben nur rund 300.000 der 16,5 Mio. Angolaner.

Wien/Luanda. Eine falsche Behauptung wird auch durch häufige Wiederholung nicht wahr: „Der Konflikt in Cabinda ist vorbei“, beteuert Angolas Regierung seit einem 2006 geschlossenen Friedensabkommen mit separatistischen Rebellen. Spätestens seit dem tödlichen Angriff am vergangenen Freitag auf Togos Fußballteam, das in Cabinda Spiele des Afrika-Cups bestreiten hätte sollen, ist dies falsifiziert.

Zu dem Anschlag bekannte sich die „Befreiungsfront für Cabinda“ (Flec). Man bedauere die drei Todesopfer aus Togo, sagte am Montag Rodrigues Mingas, ein Flec-Führer, eigentlich habe man die angolanischen Soldaten treffen wollen, die die Fußballer eskortierten. „Die Regeln sind klar: Kein Team soll per Bus reisen“, versuchten die Organisatoren des Fußballfestes den Beschossenen eine Teilschuld zuzuschieben. Womit die Behörden eingestanden haben, dass sie die Sicherheitslage selbst nicht für übermäßig gut erachten.

Rebellen kündigten Aktionen an

Speziell im Fall der Exklave Cabinda hätte die Regierung gewarnt sein müssen: Flec-Splittergruppen haben den Guerillakampf nach dem Friedensvertrag auf kleiner Flamme fortgeführt und explizit Aktionen vor dem Afrika-Cup angekündigt, den die Regierung zur Imagepflege des einstigen Bürgerkriegslandes nutzen wollte.

Zwischen Cabinda und dem Rest Angolas liegt der Meereszugang der Demokratischen Republik Kongo. In der Exklave leben nur rund 300.000 der 16,5 Mio. Angolaner. Doch vor der Küste wird mehr als die Hälfte des hochwertigen angolanischen Erdöls gefördert, das für zweistellige Wachstumsraten sorgt und Angola 2009 zu Afrikas Ölförderer Nummer eins gemacht hat. Cabinda wird deshalb auch das „Kuwait Afrikas“ genannt.

Bis 1975 gehörte der Flecken wie Angola zu Portugals Kolonialreich, als separates Gebiet. Dann marschierte die angolanische Befreiungsbewegung MPLA ein, die bis heute regiert. Der Cabinda-Konflikt stand freilich immer im Schatten des „großen“ Bürgerkriegs, den die Rebellen der Unita mit US-Hilfe gegen die moskautreue MPLA führten. Er ging 2002 zu Ende. Bilanz: rund 500.000 Tote.

Sozialer Sprengstoff

Warum konnte die Armee die Unita besiegen, wird aber mit der auf ein paar hundert Kämpfer geschätzten Flec nicht fertig? „Grundsätzlich ist die militärische Lage unter Kontrolle“, meint Angola-Experte Matthias Basedau vom Hamburger Giga-Institut: „Guerillaangriffe lassen sich aber nie ganz verhindern.“ Die Regierung habe selbst die Zersplitterung der Cabinda-Rebellen betrieben, weshalb es schwieriger geworden sei, einen nachhaltigen Frieden zu erreichen. Anders sei es im Falle der straff organisierten Unita gewesen: „Mit dem Tod ihres Führers Savimbi 2002 war die Sache vorbei.“

Damals folgte eine Art Einheitsregierung, aus der die Unita 2008 hinausflog, nach einem umstrittenen Wahlsieg der MPLA von 82 Prozent. „Die Unita ist heute stark marginalisiert, eine Rückkehr zum bewaffneten Kampf ist aber unwahrscheinlich“, meint Experte Basedau. Militärisch hätte sie keine Chance, und mittlerweile haben es sich einstige Rebellenführer auch gut im Business eingerichtet.

Brisant ist der soziale Sprengstoff durch den enormen Gegensatz von Arm und Reich: Luxuskarossen und Elendsviertel existieren gerade in der Hauptstadt Luanda dicht an dicht. Und die Ölreserven, von deren Ausbeutung ein Großteil der Menschen ohnehin wenig hat, reichen nur mehr für rund 20 Jahre, sagt Basedau: „Für die Zeit danach ist Angolas Wirtschaft schlecht gerüstet.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2010)

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