Ortstafeln: Slowenien "würde gerne Resultate sehen"

Ortstafeln: Slowenien
Ortstafeln: Slowenien "würde gerne Resultate sehen"(c) EPA
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Sloweniens Außenminister Zbogar erwägt, den Ortstafelstreit zu internationalisieren. "Die Ortstafelfrage ist ein Hindernis, das wir aus dem Weg räumen sollten."

„Die Presse“: Österreichische Politiker, zuletzt Außenminister Spindelegger, versprechen immer wieder gerne eine Lösung der Ortstafelfrage. Unternimmt Wien genug, damit in Kärnten ausreichend viele zweisprachige Tafeln aufgestellt werden?

Samuel Zbogar: Österreichs Regierung erkennt die Notwendigkeit an, diese Angelegenheit zu lösen. Sie muss die Lage in Kärnten berücksichtigen, aber wir würden gerne einmal Resultate sehen.

Ihre Regierung hat angedeutet, den Konflikt auf eine internationale Ebene zu heben. Wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Zbogar: Österreichs internationale Verpflichtung ergibt sich aus Artikel7 des Staatsvertrags.

Premier Pahor hat zuletzt erstmals erklärt, dass Slowenien ein Nachfolgestaat Jugoslawiens ist, das den Staatsvertrag 1955 mitunterzeichnet hat. Österreich streitet das ab.

Zbogar: Natürlich sind wir so wie andere ehemalige jugoslawische Republiken ein Nachfolgestaat Jugoslawiens. Slowenien hat dies 1991 in seiner Unabhängigkeitserklärung festgehalten. 2001 haben zudem alle Nachfolgestaaten ihren Status gegenseitig anerkannt.

Dann könnte auch Mazedonien mitreden, wenn es um den Staatsvertrag und Minderheitenrechte in Kärnten geht. Das wäre absurd.

Zbogar: Slowenien hat als einziger Nachfolgestaat eine Grenze mit Österreich, und Slowenen sind eine Minderheit in Österreich. In unserem Interesse liegt, dass die slowenische Minderheit Schutz gemäß dem Staatsvertrag genießt. Österreich akzeptiert das, unabhängig davon, ob es uns als Nachfolgestaat anerkennt oder nicht.

Haben Sie die anderen Unterzeichner des Staatsvertrags notifiziert, dass Slowenien sich als Nachfolgestaat betrachtet?

Zbogar: Nein.

Warum? Weil Sie sich Ihrer Position nicht so sicher sind?

Zbogar (lacht): Da sind wir uns schon sicher. Es läuft immer noch ein Debatte in Slowenien, auch innerhalb der Regierung, ob Notifizierungen nötig sind. Die Öffentlichkeit und das Parlament machen großen Druck, den Streit zu internationalisieren.

Was ist Ihre Position?

Zbogar: Ich will den vollen Schutz der slowenischen Minderheit erreichen. Erreichen wir das durch Notifizierung, durch eine Internationalisierung des Streits?


Könnte Slowenien als ein Nachfolgestaat die anderen Signatarstaaten zu einer Konferenz bitten, um gemeinsam von Österreich zu verlangen, dass es den Staatsvertrag erfüllt.

Zbogar: Wir könnten das jetzt auch schon tun, ohne Notifizierung.

Warum machen Sie es nicht?

Zbogar: Die Zeit ist nicht reif. Wir müssen das große Bild im Auge behalten. Wir haben sehr gute Beziehungen zu Österreich, sind gemeinsam in der EU. Die Ortstafelfrage ist ein Hindernis, das wir bilateral aus dem Weg räumen sollten. Das heißt aber nicht, dass ich andere Optionen ausschließe.

Stimmt es, dass Ihre Regierung in der Causa Ortstafeln bereits mit Russland gesprochen hat?

Zbogar: Wir hatten mehrere Konsultationen, mit allen Signatarstaaten des Staatsvertrags.


Erwägen Sie auch, den Ortstafelstreit in der EU oder in der UNO vorzubringen?

Zbogar: Wenn wir zum Schluss kommen, dass die Angelegenheit in Österreich nicht gelöst wird und die Situation der slowenischen Minderheit schlecht ist, dann gibt es mehrere Optionen, das Thema zu internationalisieren: im Europarat, in der UNO, in der EU.

Können Sie nachvollziehen, warum Kärnten die Ortstafeln nicht aufstellt?

Zbogar: Man müsste glauben, dass Österreich ein Rechtsstaat ist und Entscheidungen seines eigenen Verfassungsgerichts implementiert. Aber offensichtlich ist viel Geschichte involviert. Unseligerweise ist die Angst vor den Kommunisten aus dem Süden so tief verwurzelt in Kärnten, dass sie immer noch da ist, obwohl Slowenien seit 20 Jahren ein demokratisches Land, seit fast sechs Jahren EU-Mitglied ist und offene Grenzen zu Österreich hat. Diese Angst ist irrational. Es ist schwer zu verstehen, wie es heutzutage in Europa ein Problem sein kann, zweisprachige Tafeln aufzustellen. Wir haben 3000 Italiener an der Küste, wir haben 7000 Ungarn, und dort ist alles zweisprachig.

Warum haben dann die deutschsprachigen Bürger um Maribor keine Schilder in ihrer Sprache?

Zbogar: Sie sind eine deutschsprachige Gruppe, die auf Basis eines Kulturabkommen mit Österreich Unterstützung erhält. Aber sie sind keine Minderheit.

Es sah mal so aus, als würde das Atomkraftwerk Krsko gestoppt. Jetzt spricht man vom zweiten Reaktor.

Zbogar: Es ist noch keine Entscheidung gefallen, aber ein zweiter Reaktor ist in Planung.

Sind Sie dafür?

Zbogar: Ich ziehe Atomkraftwerke Kraftwerken vor, die CO2 ausstoßen.


Krsko liegt auf einer Erdbebenlinie.

Zbogar: Ich verstehe die Ängste, auch in Slowenien, das es als erstes treffen würde.

Österreich wäre als zweites dran.

Zbogar: Es ist ein sicheres Westinghouse-Kraftwerk. Wie haben alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, um Unfälle zu verhindern.

ZUR PERSON

Samuel ?bogar (*5.3. 1962) ist seit November 2008 slowenischer Außenminister. Der sozialdemokratische Karrierediplomat war von 2001 bis 2004 Staatssekretär und danach Botschafter in Washington, bevor er an die Spitze des Außenamts kam. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2010)

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