Anti-Terror-Plattform: "Keine Mutter will, dass ihr Kind tötet"

AntiTerrorPlattform Keine Mutter will
AntiTerrorPlattform Keine Mutter will(c) AP (HATEM MOUSSA)
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Frauenorganisationen wollen Extremismus und Terrorismus die Stirn bieten. Dabei setzen sich Frauen für eine positive Klimaveränderung in ihren jeweiligen lokalen Gesellschaften ein.

Wien. „Wir wissen, was es bedeutet, ein Kind oder einen Bruder zu verlieren. Und wir wollen trotzdem keine Rache üben“, sagt Robi Damelin aus Israel. „Jemand, der als dein Feind gilt, erzählt plötzlich vom selben Schmerz“, meint die Palästinenserin Siham Ikhalyel.

Die beiden Frauen wissen, was es heißt, ein Familienmitglied in einem bewaffneten Konflikt zu verlieren. Robi Damelins Sohn David wurde von einem palästinensischen Scharfschützen erschossen, Siham Ikhalyels Bruder Yussuf von einem israelischen Soldaten an einem der vielen Checkpoints in den palästinensischen Gebieten. Damelin und Ikhalyel gehören zwei verfeindeten Gruppen an, haben aber trotzdem beschlossen, sich an einen Tisch zu setzen und– so einfach das klingt – einmal miteinander zu reden.

„Wir versuchen, mit Schmerz fertig zu werden, der uns genauso gut zu Terroristen machen könnte“, sagt Ikhalyel. Seit rund 15 Jahren versuchen die Frauen mit ihrer Organisation „Parents Circle“ Israelis und Palästinenser zusammenzubringen und das Klima des Terrors zu durchbrechen.

Sie besuchen Schulen sowohl in Israel als auch in den Palästinensergebieten und erzählen ihre persönlichen Leidensgeschichten. „Israelis und Palästinenser kennen einander überhaupt nicht“, sagt Damelin. Dabei macht aber jede Seite ähnliche Alltagserfahrungen. „Wir müssen uns nicht lieben, aber lernen, einander zu respektieren.“

Frühwarnsystem für Extremismus

Ihre Organisation gehört der in Österreich gegründeten Anti-Terror-Plattform „SAVE“ (Sisters against Violent Extremism) an, die gegen wachsende Sicherheitsbedrohungen und Terrorismus ankämpft. Dabei setzen sich Frauen für eine positive Klimaveränderung in ihren jeweiligen lokalen Gesellschaften ein. Frauen agieren als eine „Art Frühwarnsystem, damit ihre Kinder oder Männer nicht die falsche Richtung einschlagen“, erklärt die Gründerin von SAVE, die Österreicherin Edit Schlaffer. Bei einem Treffen in Wien haben 16Vertreterinnen aus verschiedenen Staaten entsprechende Strategien ausgearbeitet.

„Keine Mutter will, dass ihr Kind zu einem Mörder wird“, erklärt Anne Carr. Die Irin engagiert sich seit Jahrzehnten, die Differenzen zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland zu überwinden und war bei der Ausarbeitung des Karfreitagsabkommen 1998 dabei. „Der Hass darf nicht an die nächste Generation weitergegeben werden“, sagt Carr. Man müsse aufzeigen, dass es Alternativen zum Terrorismus gebe.

In Nordirland trägt die Arbeit bereits Früchte. In Ländern wie im Jemen ist die Bewegung noch ganz neu. Dort versuchen Frauen derzeit, Gruppen zu gründen, um in den Familien gegen die immer mehr an Einfluss gewinnenden Islamisten anzutreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2010)

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