Israel stürmt Gaza-Hilfsflotte - mindestens zehn Tote

Israel stuermt GazaHilfsflotte mindestens
Israel stuermt GazaHilfsflotte mindestens(c) AP
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Mehrere hundert israelische Elitesoldaten haben ein Schiff der "Solidaritätsflotte" mit Hilfsgütern für den Gazastreifen angegriffen. Palästinenserpräsident Abbas spricht von einem "Massaker".

Beim Einsatz der israelischen Marine gegen einen Schiffskonvoi mit Hilfslieferungen für den Gaza-Streifen sind am Montag mehrere Menschen getötet worden. Das israelische Fernsehen berichtete von bis zu 16 Toten, ein Armeesprecher bestätigte zunächst zehn Tote.

Mehrere hundert Elitesoldaten stürmten Berichten zufolge von Schnellbooten und Helikoptern aus das türkische Schiff "Mavi Marmara". Laut der Organisation "Free Gaza" fand der Angriff in internationalen Gewässern statt. Das erste der insgesamt sechs Schiffe ist am Vormittag im Hafen von Ashdod eingelaufen.

Wie israelische Medien berichteten, wurden auch fünf Soldaten verletzt, zwei davon schwer. Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Safa wurde bei dem Angriff auch der Anführer der Islamischen Bewegung in Israel, Scheich Raed Salach, schwer verletzt.

Schüsse auf unbewaffnete Passagiere?

Die Organisatoren von "Free Gaza" warfen dem Kommando vor, das Feuer auf unbewaffnete Passagiere eröffnet zu haben. Die Soldaten sollen auch Tränengas eingesetzt haben.

In einer Stellungnahme der israelischen Armee hieß es dagegen, die Aktivisten seien gewaltsam gegen die Soldaten vorgegangen. Sie hätten versucht, die Truppen zu "lynchen", so Armeesprecher Avi Benayahu. "Dies sind sehr aggressive Leute, keine Friedensaktivisten", sagte der Militärsprecher. Einer von ihnen habe einem der Soldaten das Gewehr entrissen und es offenbar gegen andere Soldaten eingesetzt. Andere hätten die Truppe mit Messern und Schlagstöcken angegriffen.

Die Soldaten hätten Mittel zur Auflösung von Demonstrationen" eingesetzt - auch scharfe Munition. "Ich möchte hier auch Bedauern ausdrücken", sagte der Militärsprecher. "Wir wollten, dass diese Aktion ohne Opfer ausgeht."

Gaza-Blockade

Israel hat nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Juni 2007 eine Blockade über den Gazastreifen verhängt. Damit soll der Druck auf die Hamas erhöht werden, Raketenangriffe zu unterbinden. Nur mehr dringend benötigte humanitäre Hilfe darf in das Gebiet importiert werden, die Einfuhr nahezu aller Rohstoffe ist verboten. Die UNO kritisiert die Blockade als unverhältnismäßig.

Kein Kontakt zu Schriftsteller Mankell

Unter den rund 700 Aktivisten an Bord waren Dutzende europäische Parlamentarier, darunter zwei Abgeordnete der deutschen Linkspartei. Die frühere Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan Maguire aus Nordirland, die 85 Jahre alte Holocaust-Überlebende Hedy Epstein sowie eine ehemalige Abgeordnete und ein Ex-Oberst aus den USA hatten sich der Aktion angeschlossen.

Auch der schwedische Schriftsteller Henning Mankell befand sich auf einem der Schiffe. Zu ihm gibt es derzeit keinen Kontakt. Laut Auskunft seines Verlags habe Mankell zuletzt am Sonntag mit seinem Assistenten per Satellitentelefon gesprochen.
Türkei beruft Krisensitzung ein

Die Militäraktion rief internationale Empörung hervor. Die Türkei kündigte Konsequenzen an. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan berief eine Krisensitzung des Kabinetts ein. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas verurteilte die Erstürmung der Flottille als "Massaker". UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte eine Untersuchung des Vorfalls.

Flotte brach trotz Warnungen auf

Trotz israelischer Warnungen war die internationale "Solidaritätsflotte" für Gaza am Sonntag aus internationalen Gewässern bei Zypern aufgebrochen. Die von pro-palästinensischen Gruppen und einem türkischen Menschenrechtsverband gecharterten Schiffe transportieren 10.000 Tonnen Güter. Israels Regierung hatte angekündigt, sie werde die Schiffe abfangen und die Ladung untersuchen.

Ein Angebot Israels, die Fracht im nahe der Grenze zum Gazastreifen gelegenen Hafen von Ashdod zu entladen und nach einer Kontrolle auf Waffen an die UNO zu übergeben, hatten die Organisatoren des Konvois, darunter auch palästinensische Gruppen, abgelehnt.

(Ag./Red.)

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