Serbien: Belgrad strebt Gebietstausch im Kosovo an

Serbien Belgrad strebt Gebietstausch
Serbien Belgrad strebt Gebietstausch(c) AP Amel Emric
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Serbien ist zur Anerkennung des Kosovo bereit, wenn Prishtina einen Teil des Territoriums im Norden abtritt. „Kosovo ist Serbien“, verkünden Serbiens Außenminister Vuk Jeremić und Staatspräsident Boris Tadić stets im Chor.

Belgrad. Zumindest die unermüdlichen Herolde scheinen ihrer gebetsmühlenartig wiederholten Botschaft nicht müde zu werden. „Kosovo ist Serbien“, verkünden Serbiens Außenminister Vuk Jeremić und Staatspräsident Boris Tadić stets im Chor.

Seit fast zweieinhalb Jahren ist der mittlerweile von 69 Staaten anerkannte Staatenneuling unabhängig. Dennoch mag sich Serbien mit der Eigenstaatlichkeit der zu über 90 Prozent von Albanern bewohnten Exprovinz nicht abfinden – und fordert hartnäckig neue Verhandlungen über den Status des Kosovo – und blockiert mit seinem Windmühlenkampf dessen Zugang zu internationalen Organisationen nach Kräften.

Berichten zufolge soll Belgrad nun nach einem Gebietsaustausch mit Prishtina streben. In dem ergebnislosen Verhandlungsmarathon vor der Unabhängigkeitserklärung hatte Serbien jahrelang ebenso kompromisslos wie unnachgiebig auf die territorialen Ansprüche auf den gesamten Kosovo beharrt, dem es allenfalls weitgehende Autonomierechte einräumen wollte. Mit Unterstützung der wichtigsten EU-Staaten und der USA nabelte sich die seit dem Kosovo-Krieg 1999 international verwaltete Exprovinz im Februar 2008 schließlich einseitig vom schmollenden Mutterland ab.

Dass Kosovo irgendwann wieder Teil eines serbischen Staates werden könnte, gilt zwar selbst in Serbiens nationalistischen Kreisen als wenig realistisch. Dennoch drängt Belgrad auf die Aufnahme neuer Statusverhandlungen.

Es könne nicht angehen, dass „eine Seite alles und die andere nichts“ erhalte, hat Tadić schon mehrmals erklärt. Wirksame Druckmittel hat Serbien trotz der Anrufung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) jedoch kaum in der Hand. Zu der Frage, was Belgrad bei neuen Verhandlungen zu erreichen hofft, hat sich offiziell noch kein Würdenträger offen geäußert. In der heimischen Presse wird indes über eine angeblich von Belgrad angestrebte Abtrennung des überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo gemunkelt. Ein detailliertes Teilungsszenario hat nun die Zeitung „Blic“ mit Berufung auf ungenannte Regierungsquellen veröffentlicht: Belgrad wolle Prishtina die Abtretung des faktisch ohnehin von Serbien kontrollierten Nordkosovo mit einem Gebietsaustausch und dem Ende der internationalen Blockade schmackhaft machen.

Ende der Blockade in Aussicht

Laut der Zeitung übt sich Serbiens Diplomatie derzeit auf dem internationalen Parkett in kräftiger Lobbyarbeit für den Plan, Prishtina im Gegenzug für die Einverleibung des Nordkosovo das überwiegend albanisch besiedelte Presovo-Tal zu offerieren. Die serbischen Klöster im Südkosovo sollten nach der Idee Belgrads unter eine international kontrollierte Verwaltung der serbisch-orthodoxen Kirche gestellt werden. Belgrads wichtigster Lockvogel zur Rückkehr an den Verhandlungstisch ist laut „Blic“ jedoch die etwaige Anerkennung des Staatenneulings und damit die Aufhebung von dessen internationaler Blockade. „Belgrad bietet für Nordkosovo die UN-Mitgliedschaft an“, heißt es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2010)

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