Gutachten: Sarrazin schädigte Ansehen der Bundesbank

Sarrazin warnt Schauprozess Kesseltreiben
Sarrazin warnt Schauprozess Kesseltreiben(c) APN (Kai-Uwe KNOTH)
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Die Bundesbank begründet den angestrebten Rauswurf ihres Vorstandsmitgliedes nicht nur mit seinem umstrittenen Buch zur Zuwanderung, sondern mit seinem gesamten öffentlichen Gebaren seit 2009.

Die Bundesbank begründet den angestrebten Rauswurf ihres Vorstandsmitgliedes Thilo Sarrazin nicht nur mit seinem umstrittenen Buch zur Zuwanderung, sondern mit seinem gesamten öffentlichen Gebaren seit 2009. In einem Gutachten hätten die Juristen der Zentralbank alle Interview-Äußerungen aufgelistet, mit denen Sarrazin gegen die Haltung der Notenbank verstoßen habe, berichtete der „Spiegel“ am Samstag vorab. Deshalb sehe die Bundesbank „keine andere Möglichkeit, als die Abberufung von Herrn Dr. Sarrazin aus seinem Amt zu beantragen“

Der umstrittene deutsche Bestseller-Autor wiederum hat den deutschen Bundespräsident Christian Wulff vor einem "Schauprozess" gegen ihn gewarnt. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte Sarrazin: "Der Bundespräsident wird sich genau überlegen, ob er eine Art politischen Schauprozess vollenden will, der anschließend von den Gerichten kassiert wird." Er gehe davon aus, dass sich Wulff nicht ohne Anhörung einem Schnellverfahren anschließe, zumal er die Stärkung der Demokratie und des offenen Diskurses als sein Zentralthema gewählt habe. Abgesehen davon sieht Sarrazin das Recht auf seiner Seite.

Gedanken mit Sprengkraft

Über die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an ihm sagte er, "Na, was glauben Sie, wie viele tausend Briefe und E-Mails von CDU-Anhängern in ihre Parteizentrale geschickt worden sind. Da spürt sie: Hier bricht was auf, was schwer zu beherrschen ist. Deshalb kommt es zum Kesseltreiben. Daraus erkenne ich immerhin: Man traut meinen Gedanken einige Sprengkraft zu. Interessanterweise höre ich aus der CSU kaum negative Kommentare, die sind gewöhnlich auch näher an der Basis."

"Es musste sein"

Sarrazin denkt nicht daran, eine eigene Partei zu gründen: "Ich war nie ein Mann der ersten Reihe und werde das auch nie sein. Ich habe keine Partei im Sinn, ich habe Ideen im Sinn. Mit denen kommt man zuweilen weiter als mit Parteien." Die SPD will Sarrazin nicht verlassen: "Weil ich einfach dazu gehöre. Ein überzeugter Katholik tritt doch auch nicht aus der Kirche aus, nur weil er dem heutigen Papst nicht gefällt." Seine Aussagen bereut Sarrazin nicht: "Meine Frau, die sehr zu mir hält, sagt zwar manchmal, Mensch musste das denn sein. Aber es musste." Er räumte aber ein, dass ihn die massiven Angriffe ins Schwanken gebracht hätten: "Ich habe in diesen Tagen der öffentlichen Kritik schon manchmal an Rücktritt gedacht, aber mit jedem Tag hat auch die Unterstützung vieler so spürbar zugenommen, dass ich nun nicht kneifen will."

Merkel greift Ausländerproblem auf

Unterdessen warnt Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem Zurückweichen des Staates vor Gewalt in Vierteln mit hohem Ausländeranteil gewarnt. "Es darf in Deutschland keinen Ort und keine Viertel geben, wo unsere Polizei das Recht nicht durchsetzen kann", sagte Merkel der "Bild am Sonntag" zu Situationen in Stadtteilen wie Duisburg-Marxloh. Dort musste die Polizei laut "BamS" schon mehrfach vor gewaltbereiten Jugendbanden kapitulieren. Merkel forderte zudem, die statistisch höhere Gewaltbereitschaft strenggläubiger muslimischer Jugendlicher nicht zu tabuisieren: "Das ist ein großes Problem und wir können offen darüber sprechen, ohne dass der Verdacht der Fremdenfeindlichkeit aufkommt."

Zugleich warnte die Kanzlerin davor, Gewalt mit einer bestimmten Religion in Verbindung zu bringen. Das führe "in die Irre". Ihre Lösung: Perspektiven für die Jugendlichen schaffen, und das führe nur über Bildung. Der Staat mache diesbezüglich viele Angebote. Bei den Eltern liege aber die Hauptverantwortung, "die ihnen Schule und Gesellschaft nicht abnehmen" könnten.

(APA/AFP)

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