Australien: Julia Gillards Zitterpartie

(c) AP (Mark Graham)
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Premier hat lediglich eine Stimme Mehrheit im Parlament. Beobachter meinen, dass die Regierung aufgrund ihrer hauchdünnen Mehrheit jederzeit scheitern könne.

Canberra/Wien (ag./wg). Zwei Wochen nach dem Patt bei der Wahl zum australischen Unterhaus konnte Premier Julia Gillard am Dienstag eine Regierung zimmern: Die Labour-Politikerin (48), die seit dem Rücktritt ihres Vorgängers Kevin Rudd im Juni als Regierungschefin amtiert hatte, konnte genügend unabhängige Abgeordnete für eine Mehrheit im Parlament gewinnen: Die ist indes mit 76 von 150 Sitzen, also mit nur einer Stimme, hauchdünn.

Gillard ist in Wales (Großbritannien) geboren und die erste Frau, die erste unverheiratete sowie die erste nicht in Australien geborene Person seit Billy Hughes (Amtszeit 1915–1923), die als Premier des „roten“ Kontinents amtiert hat. Bei der Wahl hatten Labour sowie die konservative Opposition je 73 Sitze errungen, seither warben beide um die vier Unabhängigen im Unterhaus in Canberra. Gillard sicherte sich drei, nämlich Rob Oakeshott und Tony Windsor (beide aus dem größten Bundesstaat New South Wales) sowie Andrew Wilkie, einen Grünen aus Tasmanien. Tatsächlich dürfte auch der Kurs von Labour grüner werden: Gillard will, auch auf Druck der Unabhängigen, eine Steuer auf CO2-Emissionen und ein System zum Handel mit Emissionszertifikaten; beides wurde von Premier Rudd im Frühjahr auf die lange Bank geschoben, was Labour viel Sympathie kostete. In Australien stammen 80 Prozent des Stroms aus Kohlekraftwerken.

Roter Kontinent wird grüner

Erträge von Bergbaufirmen sollen mit einer 30-prozentigen Steuer belegt werden und umgerechnet 31 Milliarden Euro ins „National Broadband Project“ fließen, den Ausbau von Internetverbindungen auch in den abgelegenen Busch- und Wüstenregionen im Outback.

Beobachter meinen, dass die Regierung aufgrund ihrer hauchdünnen Mehrheit jederzeit scheitern könne. Die drei Unabhängigen betonten bereits, sie nicht pauschal unterstützen zu wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2010)

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