Kommunalwahlen in Ungarn: Rechte vor Erdrutschsieg

Kommunalwahlen in Ungarn: Rechte vor Erdrutschsieg
Kommunalwahlen in Ungarn: Rechte vor Erdrutschsieg(c) AP (Bela Szandelszky)
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Die oppositionellen Sozialisten kämpfen zurzeit erbittert um ihre letzte Bastionen. Mit schlechten Aussichten, denn die konservative Fidesz-MPSZ-Regierung hat das Wahlgesetz zu ihren Gunsten reformiert.

Am 3. Oktober werden in Ungarn neue Bürgermeister und Gemeindevertreter gewählt. Es werden 26.000 Kommunalmandate für 3176 Gemeinden vergeben, 10.000 Mandate weniger als im Jahr 2006. Laut Umfragen wird die Macht im Zeichen der Zwei-Drittel-Mehrheit der regierenden rechtskonservativen Partei Fidesz-MPSZ verteilt. Fidesz hat zudem durch eine schnelle Reform des Wahlgesetzes dafür gesorgt, dass die Partei von Premier Viktor Orbán ihre Machtpositionen in den Gemeinden weiter ausbauen kann.

Die bis zu den Wahlen im April regierenden Sozialisten (MSZP) kämpfen unterdessen um einige letzte Hochburgen, wie Budapest oder Szeged. Fidesz konnte 4200 Kandidaten aufstellen, die MSZP verfügt nur über 1600 Kandidaten. Die oppositionellen Grünen-Partei LMP rechnen sich Chancen in Städten aus, die rechtsradikale Jobbik-Partei wiederum in Gegenden Ungarns mit erhöhter Armut. In der Hauptstadt Budapest wird es ebenfalls einen Machtwechsel geben.

Fidesz könnte Budapest erobern

Die seit zwanzig Jahren von einer sozialistisch-liberalen Koalition geführte Stadt wird seit dem Jahr 1990 vom liberalen Bürgermeister Gábor Demszky regiert. Demszky stellt sich nun nicht erneut zur Wahl. Der Fidesz-Politiker István Tarlós, ehemaliger Bürgermeister des dritten Budapester Stadtbezirkes, wird nach Umfrageergebnissen das neue Budapester Stadtoberhaupt, zumal sich MSZP und LMP nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen konnten. Tarlos trat bereits 2006 als Kandidat für den Bürgermeisterposten an, erhielt jedoch nicht die nötigen Stimmen.

Der Wahlkampf ist verbittert und hart, die Gesellschaft nach wie vor politisch gespalten. Laut Analysten könnte das Jahr 2010 zugleich zum Jahr des Neubeginns und auch der Enttäuschung werden. Während Premier Orbán die Schaffung eines neuen Ungarn der "nationalen Zusammenarbeit" verkündete, könnte jedoch das neue, bisher unbekannte Budget 2011 Sparmaßnahmen und Einschränkungen bringen. Denn Ungarn muss sparen, will es seine Versprechen hinsichtlich der Einhaltung des Haushaltsdefizits von unter drei Prozent im kommenden Jahr einhalten. Dennoch rechnen Politologen nicht mit ernsthaften Reformen nach den Wahlen, da sich Fidesz auch weiterhin das Vertrauen der Wähler sichern will und muss.

Sozialisten im Tief

Auch Minderheiten wählen

Die Kommunalwahlen werden allen Anzeichen nach friedlicher verlaufen als die Wahlen 2006. In jenem Jahr hatte das Bekanntwerden der sogenannten "Lügen-Rede" des damaligen Premiers Ferenc Gyurcsány (MSZP) zu gewalttätigen Ausschreitungen geführt. Die interne Rede, in der Gyurcsány zugab, den Bürgern vor der Wahl nicht die Wahrheit über die Lage im Land gesagt zu haben, war im September 2006 durchgesickert. Danach verpassten die ungarischen Wähler den sozial-liberalen Regierungsparteien einen klaren Denkzettel und eine Niederlage gegenüber der konservativen Opposition.

Der Beliebtheitsgrad der Sozialisten war nicht nur wegen der Rede Gyurcsánys, sondern auch nach der Einführung eines drastischen Sparpakets im hoch verschuldeten Ungarn in den Keller gerutscht. Fidesz und seine Verbündeten konnten bei den Kommunalwahlen 2006 auf allen Ebenen deutliche Zuwächse verzeichnen und sich in nahezu allen Komitatsräten die Mehrheit sichern. 2006 betrug die Wahlbeteiligung 53,10 Prozent und war damit die höchste Beteiligung an einer Kommunalwahl in Ungarn seit den ersten freien Wahlen 1990.

Am 3. Oktober werden auch die 13 offiziell anerkannten Minderheiten Ungarns ihre Selbstverwaltungen wählen, darunter Roma, Ungarndeutsche, Kroaten. Bei den Selbstverwaltungen handelt es sich um autonome Organisationen, die für kulturelle und Bildungsaufgaben zuständig sind. Die Selbstverwaltungen werden seit dem Jahr 1994 in jenen Orten gewählt, wo ethnische Minderheiten leben.

Die personelle Stärke der Selbstverwaltungen ist gesetzlich geregelt. In Dörfern mit weniger als 1300 Einwohnern sind es drei, in größeren Ortschaften wiederum fünf Personen. Offiziell wird die Bedeutung dieser Gremien damit begründet, dass dadurch die örtlichen Behörden mit den legitimen Vertretungen der Minderheiten rechnen.

(APA/Red.)

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