"Bush hat viele Argumente für den Irak-Krieg erfunden"

(c) AP (M. Spencer Green)
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Die frühere CIA-Agentin Valerie Plame und ihr Mann, der ehemalige Diplomat Joe Wilson, im Interview mit der "Presse". Jahrelang führte die Topagentin ein Doppelleben im Dienste ihres Landes.

Los Angeles/Washington. Ihre Geschichte liest sich wie das Drehbuch eines aufregenden Hollywood-Thrillers: Valerie Plame Wilson war Agentin bei der CIA, ehe ihr Name im Zuge der Irak-Invasion im Jahr 2003 durch undichte Stellen im Weißen Haus an die Öffentlichkeit geriet.

Jahrelang führte die Topagentin ein Doppelleben im Dienste ihres Landes. „Selbst meine besten Freunde ahnten nichts von meiner geheimen Mission“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“. Plames Spezialgebiet bei der CIA: komplexe Einsätze in Krisengebieten. Als Leiterin der Joint Task Force im Irak hatte sie den Auftrag, Saddam Husseins Waffenprogramm zu infiltrieren – zu einer überaus entscheidenden Zeit an der Schwelle zum Irak-Krieg. Anfang 2002 erreichte sie ein Anruf aus dem Büro des damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney. Es gebe Hinweise, dass Saddam Hussein im Niger Uran zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen ankaufe. „Zu dieser Zeit erschien mir das natürlich nicht unwahrscheinlich“, sagt Plame. Auf Vorschlag der CIA wurde schließlich ihr Mann Joe Wilson, ein angesehener US-Diplomat, mit der Mission betraut. „Joe war als US-Diplomat viele Jahre in Afrika tätig und kannte den Irak und Saddam Hussein wie seine Westentasche.“ Kurze Zeit später reiste Wilson in den Niger und begann die Recherchen. Seine ernüchternde Erkenntnis: Die Vorwürfe der Regierung sind haltlos, von Uranverkäufen kann keine Rede sein. Doch Bush und seine Gefolgsleute waren wild entschlossen, die Invasion zu starten. Bei einer Rede vor dem Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen legte der damalige Außenminister Colin Powell Beweise vor, dass der Irak durchaus im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei – unter anderem führte er dabei den Einkauf von Uran im Niger an. Joe konnte nicht glauben, was er da hörte. „Sie haben die Argumente, die für einen Krieg sprachen, frei erfunden. Der Krieg stand in keinerlei Zusammenhang mit unserer nationalen Sicherheit“, sagt er zur „Presse“.

Am 20. März 2003 begann das amerikanische Bombardement Bagdads. „Ich denke,“ sagt Plame, „dass auch die CIA versagt hat. Wir hatten einfach keine Beweise, dass Hussein im Besitz von Massenvernichtungswaffen war.“ Im Juli 2003 stellte Wilson in einem Artikel in der „New York Times“ seine Sicht der Dinge klar, nur eine Woche später wurde seine Frau von US-Medien als CIA-Agentin enttarnt. Informanten aus dem Umfeld der Bush-Regierung hatten ihren Namen aus Rache an Journalisten weitergegeben. Valerie Plames Karriere war damit zerstört.

Informanten in Lebensgefahr

Doch viel schlimmer: „Auch meine ehemaligen Informanten gerieten durch die Veröffentlichung meines Namens in höchste Gefahr.“ In weiteren wohl platzierten Zeitungsartikeln wurde das Paar desavouiert: Valerie sei keine Agentin, sondern eine bessere Sekretärin gewesen, Joe ein Wichtigtuer, dessen Betrachtungen keine Bedeutung beizumessen sei. „Man versuchte, die Öffentlichkeit von den Lügen im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg abzulenken“, sagt Wilson. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen der Enttarnung einer Agentin wurde im Oktober 2005 Lewis Libby, ehemaliger Berater Cheneys, zu einer Haftstrafe verurteilt, die ihm Bush später aber erließ.

Über ihre Geschichte hat Valerie Plame ein Buch geschrieben, das kürzlich verfilmt wurde und ab kommender Woche in den heimischen Kinos zu sehen ist. Auch heute noch machen sie und ihr Mann sich Gedanken über die politische Situation Amerikas: „Obama konnte in den vergangenen zwei Jahren viele Vorhaben nicht durchsetzen, die Menschen sind frustriert.“ Das kürzlich von George W. Bush veröffentlichte Buch „Decision Points“ sei „schwach und inhaltsleer. Es enthält keine Hintergrundinformationen zu Bushs folgenschweren Entscheidungen.“

Auch Valerie schreibt wieder an einem Buch – es geht um eine weibliche CIA-Agentin. Diesmal soll es aber reine Fiktion sein.

Verfilmt: ''Fair Game''

Um das Leben der ehemaligen CIA-Agentin Valerie Plame dreht sich der Film "Fair Game" mit Naomi Watts und Sean Penn.

"Die Presse"-Kinopremiere: Am 25. November im Village Cinema in Wien: Zum Karten-Gewinnspiel

In Österreich kommt der Film am 26. November in die Kinos

http://fairgame-derfilm.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2010)

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