Nord- und Südkorea haben sich ein schweres Feuergefecht geliefert und damit weltweit Besorgnis ausgelöst. Bei dem nordkoreanischen Angriff auf eine Insel wurden zwei Soldaten getötet.
Der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea hat sich am Dienstag gefährlich verschärft. Nordkorea feuerte Artilleriegranaten auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong ab. Südkorea erwiderte das Feuer "zur Selbstverteidigung" und rief die höchste Alarmstufe seit dem de facto Ende des Koreakriegs 1953 aus.
Nach südkoreanischen Angaben wurden mehr als 100 Granaten über dem Gelben Meer abgefeuert, rund 50 davon schlugen auf Yeonpyeong ein. Häuser gerieten in Brand, zwei südkoreanische Soldaten wurden getötet. 15 Soldaten wurden verwundet, auch drei Zivilisten sollen verletzt sein.
Gegenseitige Schuldzuweisungen und Drohungen
Nordkorea behauptete, Südkorea habe zuerst angegriffen. Man habe auf den Beschuss mit Dutzenden Artilleriegeschossen reagieren müssen, berichtete die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Das kommunistische Regime drohte dem Nachbarland mit weiteren Militärschlägen: ""Sollte die südkoreanische Marionettengruppe es wagen, auch nur 0,0001 Millimeter in Nordkoreas Hoheitsgewässer vorzudringen, wird die revolutionäre Streitmacht nicht zögern, weiter gnadenlose militärische Gegenmaßnahmen zu ergreifen."
Südkorea erklärte, es habe kurz vor dem Beschuss aus Nordkorea ein reguläres Militärmanöver vor der Westküste abgehalten. Die Testgeschoße seien allerdings in Richtung Westen und nicht in Richtung Norden abgefeuert worden. Der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak drohte Nordkorea mit Vergeltung: Falls Pjöngjang nochmals angreife, werde es einen "enormen Gegenschlag" geben.
Bevölkerung in Sicherheit gebracht
Die betroffene Insel zählt laut der Nachrichtenagentur Yonhap rund 1300 Einwohner. Der Großteil der Bevölkerung sei in Bunkern in Sicherheit gebracht worden. Einige Bewohner seien auch in Fischerbooten von der Insel in Richtung des 145 Kilometer entfernten Festlandes geflohen, hieß es. Die meisten Granaten schlugen laut Regierung auf einem Militärstützpunkt ein, das entstandene Feuer breitet sich aber laut Augenzeugenberichten rasch aus.
USA verurteilen Angriff, China "besorgt"
Nordkoreas engster Verbündeter China äußerte sich nach dem Granatenangriff besorgt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking forderte beide Seiten auf, den Frieden zu wahren und zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückzukehren.
Die mit Südkorea verbündeten USA verurteilten den Angriff scharf. Die Führung in Pjöngjang müsse ihr aggressives Vorgehen stoppen, erklärte das Präsidialamt. Bisher seien keine US-Truppen in die Vorgänge verwickelt. Die USA blieben der Sicherheit Südkoreas sowie dem Frieden in der Region verpflichtet.
Auch die EU verurteilte den Angriff. "Ich fordere die nordkoreanischen Behörden auf, sich jeder weiteren Handlung zu enthalten, die zu einer Eskalation führen könnte und das koreanische Waffenstillstandsabkommen vollständig zu respektieren", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton.
Russland rief Nord- und Südkorea zu Besonnenheit auf: "Es ist wichtig, dass es nicht zur Eskalation kommt", sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Außenministeriums in Moskau am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. "Die Lage darf sich nicht weiter verschärfen." Wegen der zunehmenden Spannungen in der Region hatte Russland bereits vor Monaten seine militärische Präsenz im Grenzgebiet zu Nordkorea erheblich verstärkt.
Korea-Konflikt
Auf der koreanischen Halbinsel stehen sich am 38. Breitengrad mehrere hunderttausend verfeindete Soldaten gegenüber. Die massiv gesicherte Waffenstillstandslinie teilt dort den kommunistischen Norden vom westlich orientierten Süden. Nach dem Korea-Krieg (1950 bis 1953) hat es nie einen Friedensvertrag, sondern nur einen Waffenstillstand gegeben.
Damals wurde quer durch Korea eine rund 240 Kilometer lange und vier Kilometer breite "Entmilitarisierte Zone" geschaffen. An der Westküste beider Staaten im Gelben Meer schließt sich am 38. Breitengrad eine rund 200 Kilometer lange Seegrenze an. Ein Kommandant der UNO-Truppen legte 1953 diese "Northern Limit Line" einseitig fest. Nordkorea hat den Verlauf der Seegrenze nie anerkannt.
Das UNO-Kommando (United Nations Command) überwacht seit dem Ende des dreijährigen Korea-Krieges 1953 den Waffenstillstand an der Demarkationslinie. Dem UNC gehören Vertreter von Australien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Neuseeland, Südkorea, der Türkei, Großbritannien und der USA an.
Streit um Atomwaffentests
Die Beziehungen zwischen Seoul und Pjöngjang waren in den vergangenen Jahren auch wegen des nordkoreanischen Atomprogramms gespannt.
Nordkorea hatte erstmals im Oktober 2006 und dann erneut im Mai 2009 Atomwaffen getestet. Kurz vor dem zweiten Test war Nordkorea aus den sogenannten Sechser-Gesprächen mit Südkorea, China, den USA, Russland und Japan über das Atomprogramm ausgestiegen. In den vergangenen Monaten signalisierte Pjöngjang wiederholt seine Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Vor wenigen Tagen zeigte Nordkorea aber einem US-Atomexperten stolz eine neue Anlage zur Urananreicherung.
(Ag./Red.)