Nordkoreas Machthaber soll wenige Stunden vor dem Beschuss einer südkoreanischen Insel gemeinsam mit seinem Sohn die betroffene Militärbasis besucht haben. Pjönjang droht mit einem "zweiten Vergeltungsschlag".
Nordkoreas Angriff auf die südkoreanischen Insel Yeonpyeong soll direkt von Machthaber Kim Jong-il befohlen worden sein. Medienberichten vom Donnerstag zufolge besuchten Kim Jong-il und sein als Nachfolger gehandelter Sohn Jong-un wenige Stunden vor dem Artilleriebeschuss die betroffene Militärbasis des kommunistischen Landes. Vater und Sohn hätten kurz vor dem Beschuss auch den zuständigen General Kim Kyok-sik getroffen.
Der Angriff sei wahrscheinlich von Kim Jong-il persönlich befohlen worden, schrieb die südkoreanische Zeitung "Joongang" unter Berufung auf Regierungskreise in Seoul. Eine offizielle Stellungnahme dazu lag nicht vor.
Nordkorea "zum Feuer bereit"
Nordkorea setzte am Donnerstag seine Drohgebärden fort. Es sei erneut "zum Feuer bereit" , hieß es am Donnerstag in einer Erklärung des Militärs. "Ohne zu zögern", werde die Volksarmee "einen zweiten und dritten starken Vergeltungsschlag" ausführen, falls es von Südkorea provoziert werde. Sollte Südkorea weiterhin Manöver in umstrittenen Gewässern abhalten, sei Nordkorea "gezwungen, sich zu rächen".
Zugleich schob das kommunistische Regime Südkorea und den USA die Schuld für das Artilleriegefecht mit Südkorea am Dienstag im Gelben Meer zu. Südkorea habe zuerst Nordkorea beschossen. Die USA seien der eigentliche Verursacher des Konflikts im Gelben Meer.
Südkorea will "eher passive" Haltung aufgeben
Die neuen Drohungen kamen einen Tag, nachdem die Streitkräfte der USA und Südkoreas ein neues gemeinsames Seemanöver im Gelben Meer angekündigt hatten.
Südkorea kündigte am Donnerstag auch eine Verstärkung seiner Militärpräsenz auf fünf Inseln entlang der Grenze zum Norden an. Das Militär wolle seine "eher passive" Haltung aufgeben und einen "Paradigmenwechsel" herbeiführen, sagte ein Sprecher von Präsident Lee Myung Bak in Seoul. Nähere Einzelheiten nannte er nicht. Es solle insgesamt mehr Geld für die Landesverteidigung ausgeben werden.
Südkoreas Verteidigungsminister zurückgetreten
Im Zuge der Debatten um einen militärischen Angriff Nordkoreas gegen Südkorea ist der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Tae-young am Donnerstag zurückgetreten. Das bestätigte das Amt des Staatspräsidenten Lee Myung-bak in Seoul.
Zuvor war die Regierung in Seoul am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um über die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen aus dem nordkoreanischen Artillerieangriff zu beraten.
China fordert Ende militärischer Provokationen
Pjönjangs wichtigster Verbündeter China rief zu einem Ende militärischer Provokationen zwischen Süd- und Nordkorea auf. Sein Land wolle den Frieden und die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel aufrechterhalten und spreche sich gegen "jegliche provozierenden militärischen Aktivitäten" aus, sagte Regierungschef Wen Jiabao am Mittwoch bei einem Besuch in Moskau.
Ob Wens Äußerungen sich auf Nordkoreas Beschuss der südkoreanischen Insel Yeonpyeong am Dienstag oder auch auf die für das kommende Wochenende angekündigte gemeinsame Militärübung Südkoreas und der USA im Gelben Meer bezogen, ging aus der Mitteilung nicht hervor.
Korea-Konflikt
Auf der koreanischen Halbinsel stehen sich am 38. Breitengrad mehrere hunderttausend verfeindete Soldaten gegenüber. Die massiv gesicherte Waffenstillstandslinie teilt dort den kommunistischen Norden vom westlich orientierten Süden. Nach dem Korea-Krieg (1950 bis 1953) hat es nie einen Friedensvertrag, sondern nur einen Waffenstillstand gegeben.
Damals wurde quer durch Korea eine rund 240 Kilometer lange und vier Kilometer breite "Entmilitarisierte Zone" geschaffen. An der Westküste beider Staaten im Gelben Meer schließt sich am 38. Breitengrad eine rund 200 Kilometer lange Seegrenze an. Ein Kommandant der UNO-Truppen legte 1953 diese "Northern Limit Line" einseitig fest. Nordkorea hat den Verlauf der Seegrenze nie anerkannt.
Das UNO-Kommando (United Nations Command) überwacht seit dem Ende des dreijährigen Korea-Krieges 1953 den Waffenstillstand an der Demarkationslinie. Dem UNC gehören Vertreter von Australien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Neuseeland, Südkorea, der Türkei, Großbritannien und der USA an.
(Ag./Red.)