USA-Österreich: Ein bekannt gespanntes Verhältnis

(c) EPA (JIM LO SCALZO)
  • Drucken

Die unfreundlichen Einschätzungen von US-Diplomaten sind wenig überraschend. Das Verhältnis zwischen den Staaten ist seit Jahren gespannt. Gründe für die nüchternen Beziehungen reichen bis ins Jahr 2005 zurück.

Wien. Ein außenpolitisch wenig interessierter Bundeskanzler, ein ebenso desinteressierter Verteidigungsminister und ein Außenminister, dem es in erster Linie um Wirtschaftsinteressen geht: Es hätte nicht Wikileaks bedurft, um von dieser wenig schmeichelhaften Einschätzung von Österreichs Politikern durch die USA zu erfahren. Das Verhältnis zwischen den beiden Staaten ist seit Jahren gespannt, wiederholt zeigte sich Washington über Wien verstimmt – auch schon unter außenpolitisch interessierteren Bundeskanzlern.

Die Gründe für die nüchternen Beziehungen reichen bis 2005 zurück, als Österreich bei den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf die Bremse trat. Damals drohte ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums in einem Telefonat mit der Botschafterin in Washington: „Wenn Österreich die Türkei quält, wird es einen Preis dafür zahlen.“ Österreich lenkte schließlich ein und gab seine Widerstände auf.

Verstimmt über Schüssel

Wolfgang Schüssel trug als Bundeskanzler nicht dazu bei, die Stimmung zu verbessern. Er stieß in seiner Amtszeit das Weiße Haus massiv vor den Kopf. Anlass war eine Einladung zu einem Treffen mit dem damaligen US-Präsidenten George Bush, die auf Drängen Österreichs ausgesprochen wurde. Schüssel lehnte den ersten Termin ab. Das hatte man im Weißen Haus noch nicht erlebt. „Es kommt nicht sehr gut an, wenn man sich erst selbst einlädt und dann den Termin ausschlägt“, meinte damals ein amerikanischer Diplomat zur „Presse“.

Entsprechend wurde das schließlich zustande gekommene Treffen im Oval Office im Dezember 2005 arrangiert: Es gab völlig unüblicherweise keinen gemeinsamen Pressetermin, die Bush-Mitarbeiter wollten nicht einmal Fernsehkameras zum Handshake zulassen. Auch beim EU-USA-Gipfel im Sommer 2006 ließ man Österreich die Geringschätzung spüren. Bush machte sich noch am gleichen Tag auf nach Ungarn, wo er der 50-Jahr-Feier der Revolution ebenso viel Zeit widmete wie dem Gipfeltreffen in Wien.

Guantánamo: Vertane Chance

Die Chance, mit Bush-Nachfolger Barack Obama ein besseres Verhältnis aufzubauen, vertat sich Österreich schon kurz nach dem Amtsantritt des 44. US-Präsidenten. Es war um das Vorhaben Obamas gegangen, das Gefangenenlager Guantánamo Bay zu schließen. Auf die vorsichtige Anfrage, ob Österreich vielleicht einen freigelassenen Häftling aufnehmen würde, reagierte Wien ablehnend und schützte öffentlich „rechtliche Gründe“ vor. Das veranlasste einen amerikanischen State-Department-Mitarbeiter im „Presse“-Gespräch zu einer überraschend harten Attacke: Man sei „enttäuscht“ von Österreich. Die neue Administration merke sich genau, „wer wie reagiert hat“.

Für echte Auswirkungen fehlt Österreich aber vor allem eines: die Bedeutung. „Unsere Außenpolitik“, meinte einst ein österreichischer Diplomat in Washington, „hat ein ähnliches Gewicht wie die dänische.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.