Ungarns Außenminister erkennt Mängel im Mediengesetz

Ungarns Außenminister erkennt Mängel im Mediengesetz
Ungarns Außenminister erkennt Mängel im MediengesetzUngarns Außenminister Außenminister János Martonyi (c) Reuters (Karoly Arvai)
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"Ich bin einverstanden, dass gewisse Begriffe im Gesetz zu breit sind", sagt der ungarische Außenminister János Martonyi. Das Gesetz sei in der praktischen Umsetzung "problematisch", kritisiert Autor György Dalos.

Nachdem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán Änderungen an dem umstrittenen Mediengesetz in Aussicht gestellt hat, hat auch der ungarische Außenminister János Martonyi gewisse Mängel im Mediengesetz eingestanden. "Ich bin einverstanden, dass gewisse Begriffe im Gesetz zu breit sind", sagte Martonyi am Sonntag in der vom Journalisten Paul Lendvai moderierten Fernsehdiskussion "Europastudio" des ORF. Lösungen könnten in zusätzlichen Regelungen liegen, falls die EU-Kommission den Rechtsakt beanstandet.

Jedoch sind laut dem Minister über das international umstrittene Mediengesetz auch falsche Behauptungen im Umlauf, so seien "Geldbußen für Mangel an Ausgewogenheit (in der Medienberichterstattung, Anmerkung) ausgeschlossen". "Diese Sanktion gibt es nicht." "Wir sind vollkommen bereit eine Lösung zu finden", sagte Martonyi. "Die Chancen durch dieses Gesetz wurden nicht verspielt", wies Martonyi einen düpierten Start der ungarischen EU-Präsidentschaft zurück, und verteidigte das Mediengesetz: "Wir müssen etwas gegen Hasspropaganda tun. Wir haben begriffen, das darf nicht mehr toleriert werden." Zugleich meinte er: "Die Presse ist frei, das ist nicht meine Aufgabe, den Stil der Presse zu kritisieren." Zugleich äußerte die Hoffnung auf eine "objektive und faire" Beurteilung des Mediengesetzes durch die EU-Kommission. "Dann können wir einen Dialog führen um Änderungen durchzuführen."

Ex-Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) sagte, durch die Kontroverse um das Mediengesetz habe man "auf beiden Seiten viel gelernt". "Ich hoffe, dass uns die Diskussion weiterbringt. Ich halte nichts von Pauschalverurteilungen. Mir gefällt, dass wir unterschiedliche Meinungen zu europäischen Wertethemen wieder zum Ausdruck bringen. Bei grundlegenden Themen sind wir oft zurückhaltend."

Husch-Pfusch-Gesetz?

Der aus Ungarn stammende Autor György Dalos kritisierte, dass das Mediengesetz "zu schnell gemacht worden" sei. In der praktischen Umsetzung sei es "problematisch", Ausdrücken wie Ausgewogenheit nachzugehen. "Das finde ich sehr gefährlich für ungarische Zeitungen, wenn die sanktioniert werden, das kann zu ihrer Vernichtung führen." In Ungarn sollten Vorbehalte in zivilisierter und rationaler Sprache ausgesprochen werden können, Verantwortung aller Seiten sei gefragt. Demokratie sei mehr als die Herrschaft der Mehrheit.

Margaretha Kopeinig vom "Kurier" sieht die "Chancen und Glaubwürdigkeit Ungarns verspielt". Auch habe die EU-Kommission "viel zu langsam" reagiert. Dagegen meinte Georg-Paul Hefty von der "Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Ich glaube nicht, dass Ungarn seine Chancen verspielt hat." Mit dem Gesetz gehe Budapest gegen Pornografie, Rassismus und Hasspropaganda vor, so Hefty. "Das ungarische Mediengesetz entspricht europäischen Richtlinien."

Die von Fidesz kontrollierte Medienbehörde NMHH kann seit Jahresbeginn Medien, deren Berichte als "nicht politisch ausgewogen" erachtet werden, mit hohen Geldstrafen belegen. Auch müssen Journalisten dem Gesetz zufolge ihre Quellen offenlegen, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit geht.

Martonyi sagte, dass Ungarn mit seiner Präsidentschaft der "europäischen Integration dienen" wolle. Die Schwerpunkte lägen vor allem in wirtschaftlichen Fragen, aber auch der sozialen Eingliederung, Bekämpfung der Armut, der Roma-Integration und kultureller Vielfalt. Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sollten "so rasch wie möglich" zu Ende geführt werden, er sehe "gute Chancen", dass das bis zum Ende der ungarischen Präsidentschaft der Fall sein könnte.

Kritik auch am Staatsbürgerschaftsgesetz

Zum neuen ungarischen Staatsbürgerschaftsgesetz, das ungarnstämmigen Bürgern anderer Länder eine Doppelstaatsbürgerschaft ermöglicht, meinte Martonyi: "Das ist eine individuelle Entscheidung (der Betroffenen, Anmerkung)." Es sei keine "Massenstaatsbürgerschaft". Bisher habe es 4000 Anträge auf Doppelstaatsbürgerschaften gegeben. Das Wahlrecht für Auslandsungarn stehe zur Zeit nicht auf der Tagesordnung. Schriftsteller Dalos kritisierte einen gewissen "ideologischen Beiklang" des Gesetzes.

Martonyi verteidigte auch die strittigen Sondersteuern, die von internationalen Unternehmen als diskriminierend gesehen werden. Das Prinzip der Gleichbehandlung sei durch das Gesetz "gar nicht" verletzt. Dass die Sondersteuer besonders ausländische Unternehmen treffe, stimme nicht. "Die meisten, die das zahlen müssen, sind ungarische Unternehmen."

(APA)

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