Wahl: Die "besonderen Umstände" in Hamburg

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Die SPD will sich von der Strategie des Wahlsiegers Olaf Scholz etwas abschneiden und sieht sich dank der absoluten Mehrheit im Aufwind, die CDU blickt lieber nach vorn. Bundespolitisch ist der Effekt gering.

Hamburg/Berlin. Nach dem politischen Erdbeben in Hamburg könnten die Interpretationen der Wahlergebnisse unterschiedlicher nicht sein. Während sich die SPD durch die absolute Mehrheit auch bundespolitisch im Aufwind sieht und den Schwung in die nächsten Landtagswahlen mitnehmen will, ist die CDU tunlichst bemüht, ihr miserables Resultat mit den besonderen Umständen in Hamburg zu begründen und möglichst schnell abzuhaken. Die Niederlage sei „rein lokalpolitischer Natur“, strich CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag einmal mehr heraus, in allen Stellungnahmen aus der Partei lag die Betonung auf der Hamburger CDU.

Tatsächlich darf die Bedeutung Hamburgs für den Rest des Superwahljahrs 2011 nicht überschätzt werden. Zwar ist die SPD nun psychologisch gestärkt, real wird der Erfolg aber kaum auf die nächsten Landtagswahlen ausstrahlen. In Hamburg spielten konkrete Stadtthemen die Hauptrolle, die Unzufriedenheit mit der schwarz-grünen Koalition und der schwache CDU-Kandidat Christoph Ahlhaus ebneten den Weg für Olaf Scholz. Mit seinem Kurs der Mitte fuhr er im bürgerlichen Hamburg gut, wo die SPD traditionell eher konservativ ist; aber kann beziehungsweise will die SPD dieses Rezept auf Bundesebene übertragen?

Baden-Württemberg im Blick

Die CDU wiederum hatte mit einer Niederlage gerechnet – wenn auch nicht in dem Ausmaß – und diese bereits einkalkuliert. „Der Ausgang in Hamburg wird Merkel in keiner Weise treffen“, prognostiziert etwa Carsten Koschmieder, Politologe an der Freien Universität Berlin, „Verwerfungen oder Kursdebatten sind jetzt nicht zu erwarten.“ Deutlich anders würde es zugehen, wenn es in Baden-Württemberg schiefgeht, wo am 27.März gewählt wird. Hier regiert die CDU unter Stefan Mappus gemeinsam mit der FDP, der Streit um das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ hat dort die Politik aufgewirbelt. „Falls die CDU Baden-Württemberg verliert, wird sich die Unzufriedenheit in der Partei deutlich artikulieren“, so Koschmieder.

Für die FDP und die Linkspartei erwartet der Politologe keine besonders positiven Auswirkungen; dass sie die Fünf-Prozent-Hürde genommen haben, vermeide aber immerhin fatale innerparteiliche Diskussionen. Die Führungsdebatte würde aber sofort wieder beginnen, sollte die FDP in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg Ende März aus dem Landtag fliegen. Die Grünen gehen aus der Hamburger Wahl leicht entzaubert hervor. Sie konnten zwar zulegen, werden von der SPD aber nicht gebraucht. Mit dem bundesweiten Umfragenhöhenflug der Grünen ist es vorbei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2011)

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